10. Jun 2020
In der Pfarre Zum Göttlichen Wort in Wien-Favoriten sind Caritas und interreligiöser Dialog die Schwerpunkte in der Pastoral.
„Wir brauchen Menschen, die begeistert sind und die diese Begeisterung auch hinaustragen und andere damit anstecken“, wünscht sich Pfarrer P. Matthias Felber SVD für die Zukunft der Pfarre Zum Göttlichen Wort. In diesen Tagen begeht die im Herzen des 10. Wiener Gemeindebezirks gelegene Pfarre ihr fünfjähriges Bestehen. 2015 wurden die Gemeinden St. Johann am Keplerplatz, Allerheiligste Dreifaltigkeit/Alxingergasse und Heilige Familie/Puchsbaumplatz zur ersten „Pfarre Neu“ in der Erzdiözese Wien zusammengelegt.
Die Leitung der Großstadtpfarre übertrug Erzbischof Schönborn den Steyler Missionaren, die davor schon viele Jahre im Pfarrgebiet tätig waren. Das Seelsorge-Team der Pfarre Zum Göttlichen Wort spiegelt Weltkirche im Kleinen wider: Neben dem Salzburger P. Matthias Felber und dem aus Bayern stammenden P. Hans Ettl, gehören auch P. Alphonse Fahin aus Togo, der Indonesier P. Saverius Susanto sowie P. Rosendo Sandoval und P. Tanysun Sunico von den Philippinen dazu. Die beiden Steyler Missionare betreuen die Philippinische Gottesdienstgemeinde in Österreich, die sich unter anderem in der Kirche am Keplerplatz zu Gottesdiensten trifft.
Favoriten ist mit rund 200.000 Einwohnern der bevölkerungsreichste Bezirk in Wien. Die Zahl der Katholiken und Gottesdienstbesucher nahm in den vergangenen Jahrzehnten in dem typischen Arbeiterbezirk stark ab. Vor allem „Innerfavoriten“, in dem die Pfarre Zum Göttlichen Wort liegt, ist sehr multikulturell geprägt. Menschen aus den verschiedensten Kulturen und Religionen wohnen hier. Nicht erst seit der Corona-Krise nimmt die Zahl jener Menschen zu, die an oder unter der Armutsgrenze leben. Gleichzeitig entstanden in den letzten Jahren mit dem Sonnwendviertel und dem Viertel an der Landgutgasse neue Stadtentwicklungsprojekte mit Zehntausenden neugebauten Wohnungen und Büros. Im Pfarrgebiet wohnen derzeit rund 10.200 Katholiken.
„Wir Steyler Missionare sehen in Favoriten eine Fülle an missionarischen Herausforderungen“, betont Pater Felber. „Als erstes fällt mir da natürlich das multikulturelle Gepräge dieses Bezirks ein“, so Felber, der auch Dechant von Favoriten ist. „Der interreligiöse und interkulturelle Dialog ist uns Steylern ein besonderes Anliegen.“ In einer interreligiösen Dialoggruppe treffen sich seit mehr als zehn Jahren Vertreter*innen von christlichen Kirchen und muslimischen Vereinen in Favoriten. Eine enge Zusammenarbeit gibt es auch mit der Magistratsabteilung 17 für Integration und Diversität. Konkrete Ergebnisse der Zusammenarbeit waren Gedenkveranstaltungen zum Novemberpogrom 1938, gemeinsame Friedensgebete in der Woche vor Weihnachten und der Kräutergarten der Frauen im Park am Arthaberplatz. Eine Fahrt nach Mariazell und der Besuch der Islam-Ausstellung auf der Schallaburg waren für Pater Felber „Höhepunkte“ des Dialogs. „Sehr gerne nehmen wir auch die Einladungen der Muslime zum Iftar-Essen während des Ramadans an. Leider mussten sie heuer wegen Corona entfallen“, bedauert er.
Zum Selbstverständnis der Steyler gehört es auch, an die Ränder der Gesellschaft zu gehen. „Die Sorge um notleidende Menschen ist einer unserer Schwerpunkte in der Pfarre. Wir haben die Caritasarbeit in den letzten fünf Jahren ausgebaut“, unterstreicht Pater Felber. In der Pfarre gibt es eine Le+O (Lebensmittel und Orientierung)-Ausgabestelle, Weihnachtsfeiern für obdachlose Menschen, eine Wärmestube im Winter und, neu seit Juni, zwei Mal pro Woche eine Essensausgabe.
Eine missionarische Herausforderung stellt auch das Sonnwendviertel dar. Ein Neubaugebiet, das im Endausbau 5000 Wohnungen für 13.000 Menschen und 20.000 Arbeitsplätze vorsieht. „Bis jetzt haben es unsere Kapazitäten durch die Umstrukturierung nicht zugelassen, uns dort pastoral in besonderem Maß zu engagieren“, erklärt Matthias Felber. „Einige Menschen, die zu unseren Gottesdiensten kommen, kennen wir aber bereits“, freut sich Felber. Stolz ist der Pfarrer auf die gute Medienarbeit der Pfarre – sowohl im gedruckten (Pfarrblatt „Dreiklang“) wie im virtuellen Bereich. Auch hier gibt es eine Verbindung zu den Steyler Missionaren, die – als "Gesellschaft des Göttlichen Wortes" – ebenfalls im Medienapostolat aktiv sind.
.„Wir sind in den vergangenen fünf Jahren einen guten Weg gegangen. Am Horizont sehe ich nicht mehr die einzelne Gemeinde, sondern das größere Ganze“, zieht Pater Felber Bilanz. „Wir haben uns zunächst auf die Zusammenführung der Gemeinden und die Vereinheitlichung der Verwaltung konzentriert. Da und dort gab es auch in der Pastoral Versuche, Neues zu wagen: etwa eine gemeinsamen Firmvorbereitung und -feier oder einen Alpha-Glaubenskurs.“ Für die nächste Zeit wünscht er sich nach der Strukturreform auch eine spirituelle Reform, eine Erneuerung der Pfarre von Innen her. „Wir brauchen Menschen mit einer Vision!“