Den Unterschied machen

21. Okt 2020

Beim ersten Abend der St. Gabrieler Vortragsreihe 2020/21 erzählte Sr. Hemma Jaschke, Provinzleiterin der Steyler Missionsschwestern, wofür sie „brennt“.

Sr. Hemma Jaschke bei der St. Gabrieler Vortragsreihe 2020/21

Der Viktoria-Platz in Athen: Hier stranden Flüchtlinge, die es aus Lesbos und anderen Inseln ans Festland geschafft haben. Sie schlafen unter freiem Himmel, auf einem Stück Pappendeckel, die wenigen Habseligkeiten in ein paar Plastiktaschen. Es gibt weder Toiletten noch Duschen. Doch inmitten dieser Trostlosigkeit hört man Kinderlachen. Die Steyler Schwestern kommen regelmäßig auf den Viktoria-Platz, um mit den Mädchen und Buben zu spielen, zu malen und basteln. Sie bieten einfache medizinische Versorgung an, weisen den Flüchtlingen den Weg ins nahegelegene Tageszentrum, wo sie duschen und Wäsche waschen können. Oder sie hören einfach zu, wenn die Menschen von ihren Erlebnissen auf der Flucht erzählen.
Beim ersten Abend der St. Gabrieler Vortragsreihe 2020/21 berichtete Schwester Hemma Jaschke SSpS von den Eindrücken ihres jüngsten Besuchs in Athen. Für die Provinzleiterin der Steyler Missionsschwestern in Österreich, Südtirol und Rumänien ein aktuelles Bespiel, das zeigt, was sie bewegt und wofür sie brennt.
„Unsere Schwestern können das System und die politischen Verhältnisse nicht verändern, aber sie machen für die Flüchtlinge einen Unterschied. Diese Menschen, die niemand will, begegnen in den Schwestern jemanden, der ihnen Zuwendung schenkt. Eine Dusche und saubere Kleidung zum Wechseln machen einen Unterschied“, erklärte Schwester Hemma. 2017 startete das Projekt „Community in Movement“ der Steyler Schwestern in der griechischen Hauptstadt. Die Schwestern arbeiten eng mit dem Flüchtlingsdienst der Jesuiten (Jesuit Refugee Service) vor Ort zusammen. Bis vor kurzem gehörte auch die Steirerin Schwester Ada Lick SSpS, 81, zu der kleinen internationalen Gemeinschaft.

Ohne festes Dach über dem Kopf: Die Flüchtlingsfamilien campieren am Viktoria-Platz in Athen
Ohne festes Dach über dem Kopf: Die Flüchtlingsfamilien campieren am Viktoria-Platz in Athen
Ablenkung und Spaß: Schwester Viktoriya spielt und bastelt mit den Kindern
Ablenkung und Spaß: Schwester Viktoriya spielt und bastelt mit den Kindern
Lebensfroh trotz ihrer Situation: Flüchtlingskinder am Viktoria-Platz in Athen
Lebensfroh trotz ihrer Situation: Flüchtlingskinder am Viktoria-Platz in Athen

Nicht ohne meinen Rucksack

Ihr roter Rucksack, den Schwester Hemma mitgebracht hatte – „er enthält alles Lebensnotwendige und ist immer mit dabei“ – führte gleichsam als verbindendes Element durch den Vortrag im Festsaal des GABRIUM. Anhand von verschiedenen Symbolen, die sie aus ihrem Rucksack auspackte, beleuchtete die Ordensfrau wichtige Etappen in ihrem Leben. Ein Stern erinnerte etwa an ihre „große Leidenschaft“, das Sternsingen im Rahmen der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar. Das Interesse für die Weltkirche war bei der gebürtigen Kärntnerin schon in der Familie geweckt worden.
Nach der Ausbildung zur Pastoralassistentin arbeitete sie drei Jahre lang in Kärntner Pfarren, ehe 1993 eine Reise nach Rumänien ihr Leben veränderte. „Ich fuhr mit einer Freundin durch dieses postkommunistische Land, in dem bereits Steyler Missionsschwestern tätig waren.“ Diese Reise war für sie der Auslöser, bei den Steyler Missionsschwestern (Dienerinnen des Heiligen Geistes) in St. Koloman, Stockerau, einzutreten. „Die Weltoffenheit und die weite und geerdete Spiritualität, die ich bei den Schwestern erleben konnte, haben mich angezogen.“ Zu Rumänien und seinen Menschen hat Schwester Hemma nach wie vor eine enge Beziehung. Rumänien gehört zusammen mit Österreich und Südtirol zur Ordensprovinz, für die sie Verantwortung trägt.

Zum Vortrag hatte Sr. Hemma Jaschke ihren Rucksack mitgebracht. Er enthielt Symbole zu einzelnen Etappen auf ihrem Lebensweg
Zum Vortrag hatte Sr. Hemma Jaschke ihren Rucksack mitgebracht. Er enthielt Symbole zu einzelnen Etappen auf ihrem Lebensweg

Lehr- und Wanderjahre in Mexiko

Mit einem bunt gewebten Tortillatuch, das Schwester Hemma aus ihrem Rucksack zog, nahm sie die Zuhörerinnen und Zuhörer mit „auf ihre Lehr- und Wanderjahre“ nach Mexiko, wo sie in einer Landpfarre mit 33 Dörfern arbeitete. Die Erfahrungen des Missionseinsatzes – Gastfreundschaft, Gottvertrauen und Gemeinschaftssinn - prägen sie bis heute. „Wir waren meist mit leichtem Gepäck unterwegs auf Ladeflächen von Jeeps oder zu Fuß. Im Mexiko habe ich lernen dürfen, was es heißt, mich einfach mit dem einzubringen, wie ich bin und was ich kann.“

Erinnerungsstück an ihren Missionseinsatz In Mexiko: Ein buntgewebtes Tortillatuch
Erinnerungsstück an ihren Missionseinsatz In Mexiko: Ein buntgewebtes Tortillatuch

Die Liebe Gottes erfahrbar machen

Zurück in Österreich war Schwester Hemma einige Jahre für „MissionarIn auf Zeit“, den Freiwilligendienst der Steyler für junge Erwachsene, sowie für die Postulantinnen ihrer Ordensgemeinschaft verantwortlich. Später baute sie die „Gesprächsinsel“ in Wien mit auf, wo Menschen in Notsituationen anonym und kostenlos ein Gesprächsangebot finden. „Die Tätigkeit dort hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die Zeit für andere haben. Und sie hat mich gut auf meine jetzige, herausfordernde Aufgabe als Provinzleiterin vorbereitet“, stellt Schwester Hemma Jaschke fest. Eines ziehe sich wie ein roter Faden durch ihr bisheriges Leben: „Ich weiß mich in Gemeinschaft mit anderen gesandt mit einer Botschaft für die Menschen: Die Liebe Gottes für die Menschen erfahrbar zu machen.“
Die Zuhörerinnen und Zuhörer belohnten Schwester Hemma für die überzeugenden und humorvollen Einblicke in ihr Leben als Steyler Missionarin mit Applaus. Trotz der umfassenden Corona-Maßnahmen wie dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Abstandhalten, Hände-Desinfektion und Registrierung waren rund 50 Gäste zur ersten Veranstaltung im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe in den Festsaal des GABRIUM gekommen. Rektor Pater Franz Helm dankte den Besucherinnen und Besuchern für ihr Verständnis und dem Mittragen der Schutzmaßnahmen.

Rektor Franz Helm bedankte sich bei Sr. Hemma Jaschke für ihr Lebenszeugnis und den inspirierenden Vortrag
Rektor Franz Helm bedankte sich bei Sr. Hemma Jaschke für ihr Lebenszeugnis und den inspirierenden Vortrag
Rund 50 Besucherinnen und Besucher waren in den Festsaal des GABRIUM gekommen. Umfassende Corona-Maßnahmen sorgten für Sicherheit
Rund 50 Besucherinnen und Besucher waren in den Festsaal des GABRIUM gekommen. Umfassende Corona-Maßnahmen sorgten für Sicherheit
Text: Ursula Mauritz; Fotos: Franz Helm SVD, Mauritz

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