"Jeder Mensch ist mit Gaben beschenkt"

AT

31. Mär 2022

Warum ihr die Würde des Menschen und der Einsatz für Gerechtigkeit ein besonderes Anliegen sind, erzählte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser bei der St. Gabrieler Vortragsreihe.

Maria Katharina Moser bei der St. Gabrieler Vortragsreihe

„Wir dürfen Menschen in schwierigen Situationen nicht nur als Opfer wahrnehmen. Jeder Mensch ist mit Gaben beschenkt, auch Menschen am Rand haben Ressourcen und können etwas beitragen“, betonte Maria Katharina Moser bei ihrem Vortrag am 29. März im GABRIUM. Jeder Mensch wolle sich nach seinen Möglichkeiten einbringen und gestalten, sagte Moser und erzählte von einem jungen Burschen mit Autismus, der als Regalbetreuer in einem Supermarkt sein Talent für Genauigkeit und Ordnung unter Beweis stellt. „Wir engagieren uns als Diakonie dafür, dass Menschen die Chance bekommen, ihre Begabungen einzusetzen.“
Es sei zu kurz gedacht, die Würde und den Wert des Menschen nur an seiner Leistung zu messen, so die Direktorin der Diakonie Österreich. „Wir sind alle auf die Hilfe anderer angewiesen. Darauf müssen wir hinschauen, um zu einer solidarischen Gesellschaft zu werden.“ Die evangelische Diakonie sehe ihre „Mission“ darin, Menschen ein Leben in Fülle zu ermöglichen, sie dabei zu begleiten, dass ihre Gaben wachsen können und die nötigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. „Wir unterstützen einzelne Personen in Notsituationen, zeigen aber auch Ungerechtigkeiten auf und setzen uns für gesellschaftliche Veränderungen ein“, so Moser. Ein aktuelles Beispiel seien etwa die Deutsch-Förderklassen für Kinder mit nicht deutscher Muttersprache, die jetzt auch wieder für Flüchtlingskinder aus der Ukraine eingerichtet werden sollen. „Wir sehen diese Deutsch-Förderklassen kritisch, Studien zeigen, dass eine Integration der Kinder in Regelklassen sowie das Angebot eines muttersprachlichen Unterrichts beim Erlernen der deutschen Sprache zielführender sind.“
Die Arbeitsweise der Diakonie beginne mit dem Wahrnehmen von Not: „Es ist wichtig alle Nöte wahrzunehmen und sie nicht gegeneinander auszuspielen“, unterstrich Moser. Deshalb sei die Diakonie in ihrer Arbeit sehr breit aufgestellt. Die Diakonie engagiert sich u.a. in der Flüchtlingshilfe, der Sorge um behinderte Menschen, im Bildungsbereich und in der Pflege.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser erzählte, wofür sie "brennt":
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser erzählte, wofür sie "brennt":
Kirche und Theologie, Ethik und Gerechtigkeit, Frauenfragen und Feminismus
Kirche und Theologie, Ethik und Gerechtigkeit, Frauenfragen und Feminismus

"Das sollte nicht so sein!"

Die Theologin und Sozialethikerin nannte in ihrem Vortrag drei Punkte, für die sie „brennt“ und die sich durch ihr Leben ziehen: Kirche und Theologie, Ethik und Gerechtigkeit, Frauenfragen und Feminismus. Die Frage nach der Gerechtigkeit beschäftigt Moser seit ihrer Kindheit: Nach der Erstkommunion wollte sie unbedingt Ministrantin werden, was in ihrer Pfarre damals aber zunächst noch nicht möglich war. „Das war eine Erfahrung für mich: Das sollte so nicht sein, da muss sich etwas ändern“. Der Blick auf Situationen, „die so nicht sein sollen“, sei ihr bis heute ein großes Anliegen.
Auch die interkulturellen Lernerfahrungen im Rahmen eines Austauschprojekts zur Frauenforschung zwischen Österreich und den Philippinen haben Moser geprägt. „Wir haben dort mit den Menschen in Slums, mit Indigenen und Fischerfamilien mitgelebt und uns ihrer Realität ausgesetzt.“ Am Beispiel einer indigenen Familie, die eines ihrer beiden Hühner für das Mahl mit ihren Gästen schlachtete, habe sie gelernt, dass es zur Würde der Menschen gehört, etwas geben zu können, auch wenn sie selbst fast nichts besitzen. „Es ist wichtig, dass wir diese Würde achten und Geschenke annehmen, zum Beispiel wewnn wir geflüchtete Menschen hier in Österreich unterstützen.“

Rektor Pater Franz Helm SVD dankte der Theologin und Sozialethikerin für den interessanten Vortrag.
Rektor Pater Franz Helm SVD dankte der Theologin und Sozialethikerin für den interessanten Vortrag.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer im Festsaal des GABRIUM
Die Zuhörerinnen und Zuhörer im Festsaal des GABRIUM

Von der Journalistin zur Pfarrerin

Maria Katharina Moser wurde 1974 in Wien geboren und ist in Oberösterreich aufgewachsen. Sie studierte katholische Theologie und arbeitete als TV-Journalistin in der Abteilung Religion des ORF. Ein langsamer Prozess der Distanzierung zur katholischen Kirche führte zur Konversion zum evangelischen Glauben. Moser studierte evangelische Theologie und entschloss sich, die Ausbildung zur Pfarrerin zu machen, „weil ich mehr selbst tun, als nur berichten wollte.“ Zwei Jahre arbeitete Maria Katharina Moser als Pfarrerin der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. in Wien-Simmering - eine typische Vorstadtgemeinde mit Gläubigen aus unterschiedlichen sozialen Schichten. „Mir war es sehr wichtig, dass wir eine inklusive Gemeinde sind.“ Im September 2018 folgte Maria Katharina Moser Michael Chalupka als Direktorin der Diakonie Österreich nach.
Im Anschluss an den Vortrag stellte sich Maria Katharina Moser den Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörer zu verschiedenen aktuellen Themen. Rektor Pater Franz Helm SVD gab zum Abschluss noch einen Ausblick auf die nächsten Veranstaltungen im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe: Am 19. April ist Sr. Melanie Wolfers sds zu Gast im GABRIUM. Die Buchautorin, Podcasterin und Noviziatsleiterin der Salvatorianerinnen in Österreich motiviert dazu „mutig und zuversichtlich zu leben“. Zum Abschluss der Vortragsreihe wird am 17. Mai die Sängerin Agnes Palmisano erzählen, wofür sie brennt.

Fotos: Franz Helm SVD, Franz Pilz SVD

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