Missionstag: Die frohe Botschaft und der Krieg in Europa

AT

24. Nov 2022

Der Missionstag im Rahmen der Ordenstagungen 2022 widmete sich dem Thema „Die frohe Botschaft und der Krieg in Europa.“ Mit dabei waren auch Steyler Missionsschwestern, Missionare und Mitarbeiterinnen.

„Steyle“ Hoffnungsträgerinnen beim Missionstag: P. Franz Pilz, Sr. Hemma Jaschke, Sr. Maria Notburga Reichegger, Sr. Christa Petra Ahrer, P. Franz Helm, Barbara Weinberger-Zauner (Mitarbeiterin in der Missionsprokur der Steyler Schwestern) und Sr. Anna Trojer (v.l.n.r.)
„Steyle“ Hoffnungsträgerinnen beim Missionstag: P. Franz Pilz, Sr. Hemma Jaschke, Sr. Maria Notburga Reichegger, Sr. Christa Petra Ahrer, P. Franz Helm, Barbara Weinberger-Zauner (Mitarbeiterin in der Missionsprokur der Steyler Schwestern) und Sr. Anna Trojer (v.l.n.r.)

Rund 50 Verantwortliche von missionierenden Orden waren am 23.11.2022 im Kardinal König Haus zusammengekommen, um sich mit dem hochaktuellen Thema auseinanderzusetzen. Sie wurden von Sr. Christa Petra Ahrer SSpS (Missionsprokur der Steyler Missionsschwestern) und P. Franz Pilz SVD (Missionsprokur St. Gabriel International) herzlich begrüßt und auf die Thematik eingestimmt.
Den Reigen der Referate eröffnete der Friedens- und Konfliktforscher Thomas Roithner. Der Privatdozent für Politikwissenschaft an der Universität Wien und Mitarbeiter im Internationalen Versöhnungsbund nahm den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine als Ausgangspunkt seiner Betrachtungen. Roithner ging auch auf die Frage ein: Wie kann man überhaupt einen Krieg vermeiden? „Die Vereinten Nationen haben ein breites Bündel an Möglichkeiten, friedliche Streitbeilegung durchzuführen“, so Roithner, „Über Dialogforen, über verschiedene andere Instrumente wie zum Beispiel wirtschaftliche Sanktionen.“ Die UNO habe Möglichkeiten, relativ schnell zu agieren. Es sei also wichtig, dass es Foren gibt, wo Expertinnen und Experten unterschiedlicher Staaten die Lage beurteilen und gemeinsam über Probleme und Lösungen verhandeln. Denn die Herausforderungen werden nicht weniger werden. „Ich denke daran, welche Konflikte im Zuge des Klimawandels auf die Menschen zukommen werden. Und genau da braucht es Foren, wo alle mit am Tisch sitzen und nicht nur die Verursacher, die sich permanent und kontinuierlich und konstant weigern, entsprechende Maßnahmen zu setzen.“

Das hochaktuelle Thema ließ keinen der rund 50 Besucher:innen kalt und sorgte für intensive Diskussionen.
Das hochaktuelle Thema ließ keinen der rund 50 Besucher:innen kalt und sorgte für intensive Diskussionen.

Ziviler Widerstand ist kein Schönwetterprogramm

Welchen Beitrag können wir leisten? Untersuchungen zeigen, friedlicher ziviler Widerstand ist seit den 80er Jahren erfolgreicher als gewaltsame Auseinandersetzungen. Roithner nannte als Beispiel die Philippinen, die sich unter Präsident Ferdinand Marcos in eine Diktatur verwandelten, die durch zivilen Widerstand, auch unter Beteiligung von Ordensleuten, beendet wurde. Das Militär drohte, die Panzer aus den Kasernen fahren zu lassen und ein furchtbares Massaker anrichten. Die Menschen stellten sich unbewaffnet vor die Panzer, hielten Schilder in der Hand oder beteten. Und dann ist eine Solidarisierung passiert, man schießt nicht so leicht auf unbewaffnete Menschen. Aber: „Ziviler Widerstand ist kein Schönwetterprogramm!“, warnte Roithner. In Österreich habe sich ein Netzwerk von acht Organisationen als Ansprechadresse für das österreichische Außenministerium gebildet, die im Rahmen des zivilen Friedensdienstes Fachkräfte ausbilden und sich vorstellen können, diese in Krisen- und Konfliktgebiete zu entsenden.

Ziviler Widerstand ist Erfolgsmodell: Friedensforscher Thomas Roithner
Ziviler Widerstand ist Erfolgsmodell: Friedensforscher Thomas Roithner

Von einem konkreten Friedensprojekt lernen

Das zweite Referat des Vormittags hielt Bernhard Drumel, CEO des CONCORDIA Sozialprojekts. Die 1991 gegründete Hilfsorganisation begleitet Kinder, Jugendliche und Familien in Not in Rumänien, Bulgarien, Moldau, dem Kosovo und Österreich auf dem Weg in ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben. 2022 wurde CONCORDIA mit dem Pax Christi-Preis ausgezeichnet. In der Begründung anerkennt Pax Christi die Arbeit von CONCORDIA, „Kindern zu helfen, zu gesunden, gut informierten und verantwortungsbewussten Bürgern zu werden“.
„Wir arbeiten derzeit mit 550 Mitarbeiterinnen in Mitarbeiter in Moldau, in Rumänien, Bulgarien und im Kosovo. Es sind ungefähr 13.000 Kinder und Jugendliche, die wir in verschiedenen Einrichtungen unterstützen und betreuen“, so Drumel. „Wir machen Präventionsarbeit in Tageszentren und Schulen und Berufsschulen sowie Jobcoaching, Kinderparlamente, Empowerment, Jugendarbeit“, berichtete Drumel. „Das ist unser kleiner Beitrag in einem großen Ganzen zur Friedenssicherung.“
Der Krieg in der Ukraine ist auch an CONCORDIA nicht spurlos vorüber gegangen. In die Republik Moldau, einem Land mit mittlerweile rund 2,4 Millionen Einwohner:innen, kamen rund 680.000 Flüchtlinge; rund 95.000, hauptsächlich Frauen und Kinder, sind geblieben. „Viele werden von uns betreut“, berichtete Drumel. Unterstützung erhält CONCORDIA von Organisationen wie der Caritas, Jugend Eine Welt oder dem Jesuit Relief Service. „Man kann sehr viel über Krieg und Frieden reden. Aber hat irgendjemand den Krieg verdient? Nein“, so das Resümee von Drumel. „Wir versuchen, so weit wie möglich individuell zu helfen, wo es geht.“

Bernhard Drumel berichtete über die Arbeit der Hilfsorganisation CONCORDIA in der Republik Moldau.
Bernhard Drumel berichtete über die Arbeit der Hilfsorganisation CONCORDIA in der Republik Moldau.

Hoffnung für eine taumelnde Welt

Am Nachmittag beschäftigte sich der Pastoraltheologe und Werteforscher Paul M. Zulehner, mit „Unserer Kultur der Angst und der Frage nach der Bedeutung der frohen Botschaft in diesen Zeiten“. Zulehner zeichnete das Bild einer taumelnden Welt. Kriege, Klimakatastrophen hätten schon über 100 Millionen Menschen in die Flucht getrieben, in reichen Ländern käme das soziale Gefüge auseinander, dazu komme noch die Corona-Pandemie. Viele Menschen würden durch diese Veränderungen und Verunsicherungen in Angst leben. Angst aber entsolidarisiert, schafft eine Atmosphäre wachsender Rivalität. Diese Angst nutzen aber viele politische Populisten und religiöse Fundamentalisten für ihre Zwecke aus, indem sie Lügen und Unwahrheiten verbreiten, Fremdenfeindlichkeit schüren und Hass verbreiten, um die Kluft zwischen Nationen, Kulturen und Religionen zu vergrößern.

Je bedrängender die Weltlage ist, umso mehr Hoffnung brauche die Welt, so Paul Zulehner. Allein Vertrauen ermutigt dazu, Hoffnung zu finden und tätig zu werden“, so der Pastoraltheologe. Diese Aufgabe könnten die Religionen übernehmen. Selbst viele Gläubige - darunter auch Papst Franziskus -geben schmerzlich zu, dass die Religionen (Religionsgemeinschaften) oft Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sind. Religionen sollen sich in ihrem politischen Einsatz für die Welt an ihren prophetischen Quellen und nicht an den Interessen der Mächtigen orientieren. Wahre Religion verwandelt Gewalt in (universelle) Liebe.

Eine taumelnde Welt erzeugt Angst bei den Menschen: Pastoraltheologe Paul M. Zulehner.
Eine taumelnde Welt erzeugt Angst bei den Menschen: Pastoraltheologe Paul M. Zulehner.

Orden als verdichtetes Evangelium

Die Orden könnten als das verdichtete Evangelium gesehen werden. „Ich glaube, ich greife nicht ganz weit daneben, wenn ich sage: Das ist der Ernstfall des gelebten Evangeliums“, so Paul M. Zulehner. Die Orden müssen Friedensbewegung, Gerechtigkeitsbewegung, Umweltbewegung sein. Das seien die Top-Themen für die Orden. Sie müssen den Menschen zur Seite zu stehen, damit sie durch die Angst hindurch zum Urvertrauen zurückfinden können, das wir Gott nennen. Mit ihren Projekten machen die Orden Hoffnung, dass sie nicht Teil der gegenwärtigen Kirchenimplosion sind.
Text: Robert Sonnleitener/Medienbüro der Ordensgemeinschaften
Fotos: Ursula Mauritz, ÖOK/emw

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