„Ich biete mich an, mit dem, was ich bin“

AT

13. Mär 2023

Seit rund einem Jahr arbeitet der Argentinier P. Delfor Nerenberg SVD als Kaplan im Seelsorgeraum Dornbirn. In einem Beitrag für die Website der chilenischen Provinz schreibt er über die Herausforderungen seines Missionseinsatzes in Österreich.

„Ich biete mich an, mit dem, was ich bin“

„Im Mai 2022 kam ich voller Erwartungen und mit der ganzen Energie eines Neu-Missionars nach Österreich. Nach einem kurzen Aufenthalt in der österreichischen Hauptstadt Wien bzw. in St. Gabriel ging es weiter nach Dornbirn in Vorarlberg. Während der ersten Monate widmete ich mich dem Studium der deutschen Sprache. Gleichzeitig lernte ich die verschiedenen Pfarrgemeinden kennen, in denen wir Steyler Missionare arbeiten, sowie die soziale, kulturelle und kirchliche Realität dieser Orte.
Die Region Vorarlberg ist von Bergen geprägt, zwischen denen sich kleine Dörfer mit meist bäuerlicher Bevölkerung befinden. Wenige Kilometer von der Stadt, in der ich wohne, liegt der Bodensee, den sich Österreich, Deutschland und die Schweiz teilen.
In dieser Grenzregion ist den Menschen der Kontakt mit Ausländern nicht fremd. In den letzten Jahren haben die unterschiedlichen Realitäten in der Welt, Kriege, Armut usw. ist große Zahl von Menschen als Migranten in dieses Land gekommen. Wir sprechen hier nicht nur von der Migration von Europäern, sondern auch von Menschen aus verschiedenen Kontinenten: Asien, Afrika, Amerika. Dies hat die Einheimischen gezwungen, sich an kulturelle und religiöse Gegebenheiten anzupassen, von denen sie vorher vielleicht nur gelesen oder im Fernsehen etwas gesehen hatten. Heute ist es üblich und interessant, durch die Straßen der Stadt zu gehen und verschiedene Sprachen zu hören. Obwohl dies für einige eine Herausforderung darstellt, sind andere sehr offen für diese neue Realität. Die Kinder in den Schulen wachsen mit Kindern aus anderen Kulturen auf, in ihnen kann man den kulturellen Schmelztiegel sehen, der sich im neuen Europa bildet. Das Land, dessen Bewohner einst in seiner Not Zuflucht in anderen Ländern suchten, öffnet heute seine Türen für andere Kulturen.

Eine neue Kirche bahnt sich ihren Weg

Diese kulturelle und weltanschauliche Entwicklung und Offenheit für andere Kontexte hat auch Auswirkungen auf die Ortskirche gehabt. Das Christentum und insbesondere der Katholizismus, die früher selbstverständlich zur kulturellen Identität Österreichs gehörten, sieht sich nun mit anderen Religionen, wie dem Islam, konfrontiert. Glaubensinhalte, die immer unantastbar schienen, oder feste Wahrheiten werden nun in Frage gestellt. Es geht nicht mehr um eine Wahrheit, der man gehorchen muss, sondern um eine Wahrheit, die gesucht und entdeckt werden muss. Diese Fragen sowie die Krise der innerkirchlichen Strukturen in ihren verschiedenen Ausprägungen haben dazu geführt, dass sich viele Österreicherinnen und Österreicher nicht mehr mit der katholischen Kirche, dem Christentum oder überhaupt mit einer Religion identifizieren. Religiöse Feste und Riten sind in vielen Fällen nicht mehr Teil des Lebens der Menschen, zumindest nicht so, wie wir sie traditionell kennen.

In dieser Realität des Zweifelns und Suchens bahnt sich eine neue Kirche ihren Weg. Der Mangel an Klerikern und an Personal zwingt die Kirche dazu, ihre Gemeinschaften neu zu überdenken. In den letzten Jahren haben die Laien in den Gemeinschaften eine führende Rolle übernommen. Es sind Gemeinschaften, die offen sind für den Dialog, die sich für die soziale Wirklichkeit interessieren, für die Rolle der Frau in der Kirche, Gemeinschaften, die nicht auf die Menschen in den Kirchen warten, sondern auf die Straße gehen, um andere zu treffen. Die Sorge um die Natur ist für sie von entscheidender Bedeutung.
Wir befinden uns in einer Zeit des kirchlichen und kulturellen Wandels, und es ist interessant, dies mitzuerleben und zu sehen, wie die Kirche langsam eine neue Richtung und ein neues Gesicht annimmt. In diesem Zusammenhang bringen wir Steyler Missionare unsere Erfahrung mit interkultureller Gemeinschaft, mit sozialem und religiösem Engagement ein. Unsere Steyler Gemeinschaft versucht, eine Brücke des intergenerationellen, interkulturellen und interreligiösen Dialogs zu sein.

Mit den Menschen ins Gespräch kommen: P. Delfor Nerenberg ist Kaplan im Seelsorgeraum Dornbin.
Mit den Menschen ins Gespräch kommen: P. Delfor Nerenberg ist Kaplan im Seelsorgeraum Dornbin.

Die Musik ist ein Wegbereiter

Inmitten dieser ständigen Pilgerreise der Kirche finde ich mich selbst, der ich mich mit Freude der Gemeinschaft anbiete mit dem, was ich bin, mit dem, was ich zur zukünftigen Kirche beitragen kann. Ich versuche immer, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, sie besser kennen zu lernen und herauszufinden, was ihre Anliegen sind. Für mich ist die Musik ein Wegbereiter; mit meiner Gitarre in der Messe versuche ich, das Evangelium so gut wie möglich zu vermitteln. Inmitten der Gemeinden bin ich auch ein Zeichen für die Migration meiner Großeltern, für die kulturelle Begegnung zwischen meinen mütterlichen und väterlichen Wurzeln. Die Realität hier ist herausfordernd und erfordert immer wieder Kreativität bei der Verkündigung der Frohen Botschaft, nicht nur mit Worten, sondern auch mit konkreten Taten. Ich bin glücklich und sehr dankbar für dieses Land, das mich so gut aufgenommen hat.

Zur Person

P. Delfor Nerenberg SVD wurde 1991 in Jardín América in der Provinz Misiones in Argentinien, geboren und trat 2013 in die Gesellschaft des Göttlichen Wortes ein. Von Jänner 2017 bis Dezember 2018 absolvierte Delfor Nerenberg ein OTP-Praktikum (Overseas Training Program) in Österreich, unter anderem in der Pfarre Bischofshofen in Salzburg. Im Dezember 2020 wurde Delfor Nerenberg im Colegio Verbo Divino in Santiago, Chile, zum Diakon geweiht, im Jänner 2022 fand die Priesterweihe in seiner Heimat Argentinien statt.

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Facebook und Youtube welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen