„Wir können selbst die Veränderung zum Positiven sein!“

AT

22. Mär 2023

Klaus Schwertner sieht beeindruckende Solidarität und Mitmenschlichkeit in Krisenzeiten. Der Caritas-Direktor der Erzdiözese Wien war im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe zu Gast im GABRIUM.

Caritasdirektor Klaus Schwertner bei seinem Vortrag "Ohne Krise(n kein Happy End" im GABRIUM

„Politik macht in diesen Tagen nicht so viel Freude. Umso wichtiger ist es, dass wir uns überlegen, was können wir beitragen, was können wir persönlich verändern. Wie können wir die Veränderung sein, die wir uns wünschen, diese Veränderung zum Positiven“, betonte Klaus Schwertner, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, am 21.3.2023 bei einem Vortrag im Rahmen der von den Steyler Missionaren veranstalteten Vortragsreihe „Transformationen gestalten. Mit Aktivist:innen im Gespräch“ in St. Gabriel.
Schwertner bezog sich dabei konkret auf das Arbeitsprogramm der zukünftigen niederösterreichischen Landesregierung: Als er das Arbeitsprogramm gelesen habe, sei ihm „ein bisschen die Spucke weggeblieben“. Denn darin sei wenig christlich soziale Handschrift zu lesen, dafür aber sehr viel „tiefblaue Tinte“. „Weil da eine Haltung dahinter ist, die ich im Caritasalltag Gott sei Dank ganz selten spüre. Weil es Menschen gibt, die sich für andere einsetzen, die Zeit und Geld spenden, die überlegen, wie sie Menschen in Krisensituationen bei sich aufnehmen können, wenn es zu Herbergssuchen nach Kriegssituationen kommt und weil eine beeindruckende Solidarität und Mitmenschlichkeit im ganzen Land spürbar ist“, erklärte der Caritasdirektor. In Krisenzeiten sei es wichtig, die Zuversicht zu stärken. Jede und jeder Einzelne könne einen großen Unterschied machen. Die Caritas biete zahlreiche Möglichkeiten „anzudocken“ und sich längerfristig, aber auch in besonderen „Missionen",  punktuell ehrenamtlich zu engagieren.

Zahlreiche Besucher:innen waren in den Festsaal des GABRIUM gekommen und verfolgten die Ausführungen von Klaus Schwertner mit großem Interesse.
Zahlreiche Besucher:innen waren in den Festsaal des GABRIUM gekommen und verfolgten die Ausführungen von Klaus Schwertner mit großem Interesse.

„Die Caritas ist kein Parteiprogramm“

Die Caritas werde von Kritiker:innen oft in eine parteipolitische Ecke gedrängt, so Schwertner. Den einen sei sie zu grün und links, den anderen zu schwarz und türkis. „Die Caritas ist nicht parteipolitisch, die Caritas ist kein Parteiprogramm; sie hat unter jeder Bundes- und Landesregierung dieselbe Aufgabe“. Das sei manchmal ein bisschen mehr, manchmal ein bisschen weniger herausfordernd. Als Hilfsorganisation der Kirche ist der Auftrag der Caritas im Evangelium begründet: „Hinter dem, was wir tun, steht eine Wertehaltung: Wir sehen den konkreten Menschen mit seiner Würde, der Unterstützung braucht. Wir fragen nicht nach seiner Herkunft, seiner sozialen Stellung, seinem Geschlecht, seiner sexuellen Orientierung“, sagte Schwertner. Die Caritas habe zwei Arbeitsaufträge: „Erstens: Not sehen und handeln und zweitens den anwaltschaftlichen Auftrag, der oft als parteipolitisches Agieren diffamiert wird. Aber dieser Auftrag ist genauso wichtig wie der erste. Wir wollen Menschen befähigen, selbst für Ihre Rechte einzutreten, ihnen eine Stimme zu geben“, führte Schwertner aus.

Klaus Schwertner: "In der Corona-Pandemie ist auch viel Großartiges entstanden."
Klaus Schwertner: "In der Corona-Pandemie ist auch viel Großartiges entstanden."

Solidarität in Krisen hält auch nach Anfangseuphorie an

Eine Inflation an Krisen – die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg, Klimakrise, Inflation und Teuerung - habe in den letzten Jahren auch zu einer Krise des Vertrauens geführt, sagte der Caritas-Direktor in seinem Vortrag unter dem Titel „Ohne Krise(n)kein Happy End! Wie Veränderung zum Guten möglich ist“. Viele Menschen fühlten sich ohnmächtig und klein und fragten sich, was sie persönlich ändern könnten.
Das Gerede von der „Krise als Chance“ könne er nicht mehr hören, so Schwertner. Dazu seien die Krisen viel zu dramatisch. Die Krisen der letzten Jahre seien vor allem für Menschen, die sich schon vorher in Krisensituationen befanden, besonders herausfordernd gewesen. „Es braucht keine Krisen, um solidarisch zu sein.“ Aber es sei auch eine Tatsache, dass nach Ausbruch von dramatischen Krisen eine ungeheure Solidarität zu erleben sei. Diese nehme zwar dann immer ein bisschen ab und es werde schnell davon gesprochen, dass die Solidarität so zurückgegangen sei. Er habe eine andere Wahrnehmung: Auch nach der Anfangseuphorie bleiben Solidarität und Hilfe, nach wie vor engagieren sich viele Menschen ehrenamtlich.
„In der Krise ist nicht nur das Risiko größer, sondern auch die Chancen“, ist Schwertner überzeugt. In den Krisen der letzten Jahre sei viel Großartiges entstanden. Schwertner nannte einige konkrete Beispiele, wie es der Caritas in der Coronakrise gelang, rasch neue Hilfsangebote zu entwickeln bzw. bestehende Projekte zu adaptieren und dabei auch neue freiwillige Helfer:innen zu gewinnen. Er führte u.a. die Corona-Nothilfe Hotline sowie das „Plaudernetz“ an, bei dem 4100 Menschen am Telefon als Gesprächspartner:innen zur Verfügung stehen.
Beim Projekt LE+O (Lebensmittel und Orientierung) durfte im Lockdown ein Großteil der ehrenamtlichen Helfer:innen nicht mehr tätig sein, weil sie als über 60-Jährige als Risikogruppe galten. Mit Hilfe junger Menschen, die sich nach Aufrufen spontan meldeten, konnten die LE+O-Ausgabestellen in den Pfarren trotzdem geöffnet bleiben. Wie wichtig LE+O sei, zeigten die aktuellen Zahlen: 2022 wurden 26 Tonnen Lebensmittel pro Woche verteilt, 2021 waren es noch 17 Tonnen.
Auch bei den Wärmestuben steige die Nachfrage: Im Winter 2022/23 gibt es so viele Wärmestuben in Wiener Pfarren wie nie zuvor. Laut Schwertner verzeichne man auch die höchste Zahl an Besucher:innen. Mehr als 1000 Freiwillige ermöglichen dieses Angebot.
Rektor P. Franz Helm SVD freute sich, zahlreiche Besucher:innen im Festsaal des GABRIUM begrüßen zu dürfen sowie über das großes Interesse an den Ausführungen von Klaus Schwertner, der im Anschluss an den Vortrag noch zahlreiche Fragen beantwortete.

Fotos: Franz Helm SVD

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Facebook und Youtube welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen