Lästig, weil wir die Kirche lieben

AT

18. Jan 2023

Die Generalsekretärin der Ordenskonferenz, Sr. Christine Rod MC, über das Thema Frauen im synodalen Prozess, die Begegnung mit Verantwortungsträgerinnen im Vatikan und ihre eigenen Erfahrungen als Frau in der Kirche.

Lästig, weil wir die Kirche lieben

„Wir Frauen lieben diese Kirche und sind daher bereit Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet auch die Ärmel aufzukrempeln und sich die Hände schmutzig zu machen“. Mit diesen Worten beschrieb Sr. Christine Rod MC, die Beweggründe, warum sich Frauen in Österreich für Reformen und Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche stark machen. „Wir wären nicht so lästig, wenn wir diese Kirche nicht so lieben würden!“. Die Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz sprach am 17.1. 2023 im Rahmen der von den Steyler Missionaren veranstalteten St. Gabrieler Vortragsreihe zum Thema „Frauen auf dem Weg in der Kirche“. Sr. Christine Rod ist Mitglied eines Netzwerkes von Frauen in kirchlichen Leitungsfunktionen, die sich in regelmäßigen Abständen austauschen, u.a. auch zum derzeit laufenden synodalen Prozess.
„Fast in jeder Stellungnahme der österreichischen Ordensgemeinschaften zum synodalen Prozess wurde das Frauenthema genannt. Es ist auch das einzige Thema, das sich weltweit beim synodalen Prozess durchzieht und keineswegs nur eine Frage europäischer Frauen“, erklärte Christine Rod. „Die wenigen Frauen, die heute in Orden eintreten, sind sehr gut gebildet, sie wollen mitreden und nicht in der dritten Reihe stehen.“ In Corona-Zeiten, als die Außenkontakte eingeschränkt waren, haben laut Christine Rod viele Ordensfrauen sehr schmerzlich ihre Abhängigkeit beim Feiern der Liturgie erfahren
Auch bei der im Februar in Prag stattfindenden Europa-Konferenz zur Vorbereitung der Synode will sich das Netzwerk Frauen in kirchlichen Führungspositionen einbringen. In der österreichischen Delegation wird die Pastoraltheologin Regina Polak vertreten sein. Christine Rod plädiert dafür, nicht auf „den roten Knopf Weihe der Frauen“ zu drücken, sondern sich in der „Kunst des Möglichen“ zu üben. „Unser Anliegen ist das Stimmrecht für Frauen bei der Bischofssynode zur Synodalität. Bis jetzt hat nur eine Frau dort das Stimmrecht“, bedauert sie. „Wir wollen, dass Frauen zugetraut wird, ernsthaft für diese Kirche gerade zu stehen und dass sie Entscheidungsbefugnis erhalten.“

Gespräche mit Frauen in Leitungsfunktionen im Vatikan

Im Vorjahr war Christine Rod Teil einer kleinen Frauendelegation aus Österreich, die im Vatikan mit hochrangigen Frauen in Leitungsfunktionen Gespräche führte. Die Romreise kam auf Initiative von Doris Schmidauer, der Ehefrau von Bundespräsident Alexander van der Bellen zustande. Neben Christine Rod waren die Leiterinnen der Seelsorgeämtern der Diözesen Salzburg und Linz, Lucia Greiner und Gabriele Eder-Cakl sowie die kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepel dabei. Gesprächspartnerinnen waren u.a. Sr. Nathalie Becquart, Untersekretärin der Bischofssynode, Sr. Alessandra Smerilli, Sekretärin im Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen, Lavinia Rocchi Carrera, Generalsekretärin der Weltorganisation der katholischen Frauenbewegungen sowie Raffaella Petrini, die im Vatikan für das Management der Gebäude, Museen und Gärten zuständig ist – „alles topausgebildete Frauen“. „Wir wollten hören, wie kann man sich als Frau in der Kurie einbringen, wie kann man etwas gestalten?“ Bei der Audienz überreichten die Frauen aus Österreich Papst Franziskus eine Ikone und Statements zum Thema „Frauen und Kirche“ mit expliziten Anliegen zur Synode.

Im Gespräch mit Frauen in vatkanischen Leitungsfunktionen: Sr. Christine Rod berichtete von der Romreise einer österreichischen Frauendelegation
Im Gespräch mit Frauen in vatkanischen Leitungsfunktionen: Sr. Christine Rod berichtete von der Romreise einer österreichischen Frauendelegation
Die Frauendelegation bei der Papst-Audienz am Petersplatz – Foto: Sabine Kronberger/Welt der Frauen
Die Frauendelegation bei der Papst-Audienz am Petersplatz – Foto: Sabine Kronberger/Welt der Frauen

"Nur" eine Frau?

Als Ordensfrau habe sie mehr Möglichkeiten, ernstgenommen zu werden als andere Frauen, meint Sr. Christine Rod. „Man spricht mir meinen Glauben nicht ab. Diesen ‚kirchlichen Garantieschein‘ muss man nützen!“ Sie habe vor ihrem Ordenseintritt selbst erlebt, wie einer kritischen Frau in der Kirche der Glaube abgesprochen, wie man gekränkt und sprachlos gemacht wird. Ihre eigene Geschichte sei eng mit der gesellschaftlichen Situation der Frau und der Kirchengeschichte in den letzten Jahrzehnten verbunden. „Ich bin als Kind in Laa/Thaya aufgewachsen. Pfarrer war dort der spätere Weihbischof Helmut Krätzl, der zurück vom 2. Vatikanischen Konzil in unserer Pfarre zahlreiche Reformen wie Handkommunion, Deutsch als liturgische Sprache und Volksaltar umsetzte.“ Die lebhaften Diskussionen, was in der Kirche unveränderlich sei oder was sich ändern könne, habe sie schon als Kind mitbekommen und trage sie bis heute „in mir“.
Als junge Pastoralassistentin sei sie glücklich gewesen, in dieser Aufbruchsphase in der Kirche dabei sein zu dürfen. Allerdings erlebte sie auch Kränkungen und Ablehnung, weil sie „nur“ eine Frau war „Ich habe gekämpft und mir auch den Kopf blutig geschlagen“, erinnerte sie sich bei ihrem Vortrag. „Und irgendwann habe ich beschlossen, da mach' ich nicht mehr mit.“ Doch auch als sie nach ihrem Eintritt in eine Ordensgemeinschaft einen Bereich in einem Bildungshaus leitete, holte sie das Frauenthema manchmal wieder ein. „Manche Menschen vermuteten, dass ich dort als Sekretärin oder an Rezeption arbeitete. Eine Leitungsfunktion hat man Frauen offenbar nicht zugetraut.“

"Als Ordensfrau spricht man mir meinen Glauben nicht ab. Das muss man nützen!"
"Als Ordensfrau spricht man mir meinen Glauben nicht ab. Das muss man nützen!"

Positive Entwicklungen

Hier habe sich in den letzten Jahren doch einiges bewegt, versuchte Sr. Christine Rod auch positive Entwicklungen zu sehen und nannte die Kurienreform von Papst Franziskus, die es erlaubt, dass Laien, das heißt auch Frauen, bis in höchste Kurienämter aufsteigen können. Oder die Zusage der Österreichischen Bischofskonferenzen in Zukunft mindestens ein Drittel aller Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. „Veränderungen – Transformationen – kommen meist durch Begegnung, Gespräch und Vernetzung zustande, es kommt etwas in Fluss“, zeigte sich Sr. Christine Rod überzeugt.
Zahlreiche Wortmeldungen der rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörer in der anschließenden Diskussion zeigten, dass das Thema Frauen in der Kirche viele Menschen bewegt. Auch beim gemütlichen Beisammensein im Anschluss an den Vortrag wurde noch lange weiterdiskutiert. Gastgeber P. Franz Pilz SVD kündigte den nächsten Abend der Vortragsreihe an. Am 16. März 2023 ist Klaus Schwertner, der geschäftsführende Direktor der Caritas Wien, zu Gast im GABRIUM.
Fotos: Franz Pilz SVD, Ursula Mauritz, Sabine Kronberger/Welt der Frauen

Dem Vortrag folgte einer angeregte Diskussion und zahlreiche Wortmeldungen der rund 60 Besucherinnen und Besucher.
Dem Vortrag folgte einer angeregte Diskussion und zahlreiche Wortmeldungen der rund 60 Besucherinnen und Besucher.

Zur Person
Sr. Christine Rod MC stammt aus dem Weinviertel. Sie studierte Theologie und Germanistik und war 15 Jahre als Pastoralassistentin, Gemeindeberaterin und in der Priesterfortbildung im pastoralen Dienst der Erzdiözese Wien tätig. Im Jahr 2000 trat Christine Rod in die Gemeinschaft der Missionarinnen Christi ein. Von 2003 bis 2013 leitete sie den Bereich Ordensentwicklung im Kardinal König Haus in Wien. 2013 übernahm Rod für sechs Jahre die Regionalleitung ihrer Ordensgemeinschaft für Deutschland und Österreich. Seit 2020 ist Sr. Christine Rod Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz.

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