Bergbau bedroht Menschen und Natur in Lateinamerika

AT

10. Okt 2024

Aktivist:innen der „Karawane für nachhaltige Ökologie“ waren zu Gast bei den Steyler Missionaren in St. Gabriel.

Bergbau bedroht Menschen und Natur in Lateinamerika

Die Energiewende in Europa darf nicht auf dem Rücken der Bevölkerung Lateinamerikas erfolgen. Diese Forderung stellten die Vertreter:innen der „Karawane für nachhaltige Ökologie“ am 8. Oktober bei einem Treffen mit Steyler Missionaren und Missionsschwestern im Missionshaus St. Gabriel auf. Die für den „grünen Wandel“ notwendigen und im Bergbau gewonnen Rohstoffe – zum Beispiel Lithium für die Batterien von Elektroautos – haben laut den Angaben der lateinamerikanischen Aktivist:innen furchtbare Auswirkungen auf Mensch und Natur. Mit Schwermetallen und anderen Schadstoffen kontaminierte Flüsse und Böden sowie verunreinigtes Trinkwasser haben schwere gesundheitliche Folgen für die Bevölkerung. Besonders indigene Gemeinschaften sind betroffen. Diese sind mit Vertreibung, Verlust ihrer Rechte und Menschenrechtsverletzungen konfrontiert, berichteten die sieben Expert:innen, die im Netzwerk „Kirche und Bergbau“ sowie bei REPAM (Pan-Amazonisches kirchliches Netzwerk) und CIMI (Indianermissionsrat der katholische Kirche in Brasilien) mitarbeiten.

Sieben Mitglieder der "Karawane für nachhaltige Ökologie" aus Lateinamerika trafen im  Missionshaus St. Gabriel mit Steyler Missionaren, Steyler Missionsschwestern und Mitarbeiterinnen zusammen. Begleitet wurden sie von Referent:innen der Dreikönigsaktion.
Sieben Mitglieder der "Karawane für nachhaltige Ökologie" aus Lateinamerika trafen im
Missionshaus St. Gabriel mit Steyler Missionaren, Steyler Missionsschwestern und Mitarbeiterinnen zusammen. Begleitet wurden sie von Referent:innen der Dreikönigsaktion.

Europäische Investments befeuern Bergbauprojekte in Lateinamerika

Die „Karawane für nachhaltige Ökologie“ war ist derzeit in mehreren europäischen Ländern unterwegs, um auf die Folgen der Ausbeutung von Bodenschätzen in Lateinamerika aufmerksam zu machen. Auf Einladung der Dreikönigsaktion (DKA) machten die Aktivist:innen aus Peru, Bolivien, Brasilien, Chile und Argentinien auch in Österreich Station. Begleitet wurden sie von der Ordensfrau Sr. Anneliese Herzig, die bei der DKA für das Projekt „Gold und Kirche“ verantwortlich zeichnet. Zum Austausch in St. Gabriel hatte das Team „Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung“ der Steyler Missionare – P. Franz Helm SVD, Br. Emanuel Huemer SVD und P. Georg Ziselsberger SVD – eingeladen.
Das ökumenische „Netzwerk Kirche und Bergbau“ ist seit zehn Jahren in neun Ländern Lateinamerikas aktiv. Es versteht sich als „Verteidigerin des Lebens“ und arbeitet mit Wissenschaft, Politik und Medienvertretern zusammen. Ziel der „Karawane“ durch Europa sei es, den globalen Norden mit „einem Aufschrei“ auf die Problematik von Bergbauprojekten aufmerksam zu machen, steuerten doch auch europäische Investmentfonds das menschen- und naturfeindliche Vorgehen der Konzerne.
Auch Ordensgemeinschaften und kirchliche Institutionen sollten ihre Investments genau prüfen und gegebenenfalls überdenken, forderten die Gäste aus Lateinamerika bei ihrem Gespräch in St. Gabriel. Sehr positiv sahen sie einen Schritt, den die Österreichische Bischofskonferenz gesetzt hat: Kirchliche Institutionen in Österreich dürfen keine Neuanlagen in Gold mehr tätigen, auch ein Investieren in Goldbergbau ist ausgeschlossen, besagen die im Frühjahr überarbeiteten Ethischen Richtlinien (FinAnKo). Die Steyler Ethik Bank hat ihre eigenen Richtlinien mit der neuen FinAnKo abgeglichen, wie es in einer Aussendung der Bank heißt.

Brasilien: Zerstörung indigener Gemeinschaften durch Bahnprojekt

Railson Guajajara, ein Vertreter der Indigenen aus Brasilien, berichtete von den Verflechtungen europäischer Wirtschaftsunternehmen wie z.B. der Deutschen Bahn in ein Projekt im Bundesstaat Maranhao. Zwei Eisenbahnlinien für den Transport von Eisenerz und Soja durchschneiden bereits das Territorium der Indigenen, eine dritte Strecke sowie ein Hafen sind in Planung. 22 indigene Gemeinden wären davon betroffen. „Wir beobachten mit großer Sorge, dass Gewalt, Prostitution und der Drogenhandel durch diese Bauvorhaben steigen, die Flüsse sind verschmutzt, das Wasser nicht mehr trinkbar“, betont Railson Guajajara. Es gebe keinen Dialog mit der Bevölkerung vor Ort: „Eines Tages sind die Maschinen da und die Bewohner werden vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Die Firmen aus dem globalen Norden hielten sich nicht an Gesetze, die Bestechung von Politikern, Polizei und Judikatur sei an der Tagesordnung.

Elektroautos mit Lithium-Batterien sind keine Lösung

Auch in Peru führen Bergbauprojekte zu massiven Problemen, wie Vito Yuganson Calderon Villanueava, ein weiteres „Karawane-Mitglied“, berichtete. Seit 40 Jahren werde Bergbau betrieben, vor allem Gold wird geschürft, aber auch Silber und Zink. „Dies trägt zur Verschmutzung von Wasser und Erde bei, die Landwirtschaft leidet darunter und bei den Menschen befinden sich Schwermetalle im Blut.“ Sollte in Zukunft, wie geplant, auch Lithium und Uranium abgebaut werden, würden die gesundheitlichen Risiken weiter steigen, warnte Vito Villaneueva. Der peruanische Rechtsanwalt ist Unterstützer des indigenen Volks der Aymara im Widerstand gegen Projekte zum Lithium- und Uranabbau. „Der globale Norden setzt auf die sogenannte grüne Energiewende. Doch diese Energiewende ist nicht nachhaltig, sie bringt in Lateinamerika Tod und Verzweiflung“, so Villanueva.
Auch Christian Crevels, Mitarbeiter des Indianermissionsrats CIMI, unterstrich in seinem Statement, dass nachhaltige Entwicklung mehr sein müsse als der Ausstieg aus fossiler Energie. „Elektroautos mit Lithium-Batterien sind keine Lösung! Die Energiewende in Europa darf nicht auf dem Rücken Lateinamerikas ausgetragen werden.“ Notwendig sei vielmehr Wirtschaft und Mobilität anders zu denken sowie eine Lebensstiländerung.

Pater Helm: Orden müssen solidarisch sein

P. Franz Helm SVD dankte den Gästen aus Lateinamerika für ihren Besuch und den Austausch. „Es war aufrüttelnd, mit den tödlichen und zerstörerischen Auswirkungen des Bergbaus in Lateinamerika ganz direkt konfrontiert zu werden. Die Botschaft der Karawane-Mitglieder ist eindeutig: Indigene Gemeinschaften verlieren durch Bergbauprojekte ihre Lebensgrundlage“, sagte Pater Helm im Anschluss an das Gespräch. Es stelle sich die Frage, wie Ordensleute hier solidarisch sein und ein Sprachrohr für die Menschen sein können, die um ihr überleben kämpfen.
„Es muss ein prophetisches Zeichen von Ordensgemeinschaften geben: Wir investieren hier nicht!“, forderte der Steyler Missionar. „Wir können nicht als Missionare die Frohbotschaft von der Liebe Gottes verkünden und zugleich unsere Geldanlagen in Bergbau investieren.“ Und er fügte hinzu: „Die Energiewende bei uns darf nicht zur Zerstörung des Lebensraumes von Menschen anderswo führen. Wir müssen den Verkehr neu denken. So viele öffentliche Verkehrsmittel wie möglich, so viel Individualverkehr wie unbedingt nötig, das muss die Devise sein.“

Folder der DKA zum nachhaltigen Umgang mit Gold

Fotos: Ursula Mauritz

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