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26. Nov 2024
Einsatz für Gerechtigkeit, Friede und sozial-ökologische Transformation und die Verkündigung vom Reich Gottes: Vortrag von Emanuel Huemer SVD im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe
Unterschiedliche Ansätze in der Theologie vom Reich Gottes und die Frage, wie dieses konkret erfahrbar wird, standen im Mittelpunkt eines Vortrags von Br. Emanuel Huemer SVD am 19.11.2024 im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe. Für Emanuel Huemer zeigt sich das Reich Gottes, „wo, das Leben gefeiert wird, wo Gerechtigkeit zunimmt, Unterdrückung besiegt und Freiheit garantiert wird, wo niemand sich über den anderen erhebt, auch die Menschen nicht über die Mitwelt“.
Der junge Steyler Missionar hat im Vorjahr die Ewigen Gelübde abgelegt und seine Missionsbestimmung für die Mitteleuropäische Provinz erhalten. Huemer ist Mitglied des Teams „Gerechtigkeit, Frieden, sozial-ökologische Transformation“ seiner Ordensgemeinschaft und engagiert sich u.a. als Klimaaktivist gegen den Bau der Ostumfahrung Wiener Neustadt, bei dem „fruchtbare Böden zerstört und zubetoniert“ werden. Die Erfahrungen, die Huemer bei der Besetzung der Baustelle in einer Gruppe von entschiedenen Aktivist:innen machte, will er nicht direkt als „Erleben von Reich Gottes“ sehen, aber „es geht in die richtige Richtung“. „Mich hat sehr beeindruckt, dass sich viele junge Frauen mit ihrem Körper einsetzen, sich festnehmen lassen, Strafen riskieren für die Zukunft unserer Welt“, so Huemer.
„Entschiedenheit hat für mich eine Reich-Gottes Perspektive“, so Huemer. Er sei kein Fan davon „die beste Theorie für etwas zu haben und sich dann nirgends zu engagieren.“ Deshalb sei es ihm wichtig, mit Menschen und Gruppen zusammenzuarbeiten, die versuchen diese Entschiedenheit zu leben, denn auch Jesus sei seinen Weg in Entschiedenheit gegangen.
In seinem Vortrag bedauerte der Steyler Missionar, dass die Botschaft vom Reich Gottes im Laufe der Zeit in Vergessenheit geriet. Auch während seines Studiums der Religionspädagogik sei das Reich Gottes kein Thema gewesen. Das Reich Gottes werde auch oft „zurechtgedeutet“. So bestehe ein verbreitetes Missverständnis darin, dass das Reich Gottes als „reine Gnade Gottes“ verstanden werde, dass es „ungeschuldet“ komme und nicht als Reaktion auf menschliches Handeln. Doch Jesus selbst diente dem Reich Gottes aktiv. „Er hat die Situation der Ungerechtigkeit nicht hingenommen, sondern sie angeklagt und sich ihr widersetzt“, betonte Emanuel Huemer.
In der Befreiungstheologie, so Huemer, wurde der Reich Gottes-Verkündigung hingegen ein angemessener Platz zugeteilt. Die gute Nachricht vom Reich Gottes sei in erster Linie an die Armen adressiert und verspricht Befreiung aus dem materiellen Elend. Dies greifen die Steyler Missionare auch in ihren Ordensregeln auf. Emanuel Huemer zitierte dazu aus den Konstitutionen der SVD: „Auf den Gebieten der sozialen Gerechtigkeit und Armut sollen die Provinzen/Regionen/Missionen die Hintergründe und Auswirkungen der sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit unter den Armen und Marginalisierten identifizieren, dann Programme entwickeln und letztlich diese Programme umsetzen.“
Das Reich Gottes könne auch als Gottes Traum von der ganzen Schöpfung gesehen werden. „Gott hat die Welt ins Dasein geliebt und sie den Menschen anvertraut.“ Mit großer Sorge betrachtet Emanuel Huemer, dass derzeit „Kipppunkte erreicht werden, die irreversibel sind“. Seit der industriellen Revolution nehme die Zerstörung der Schöpfung exponentiell zu. Es werde ein großangelegter Sabotageakt gegen Gottes gute Schöpfung gesetzt. Dieser Sabotageakt heiße „fossiler Kapitalismus“, erklärte Huemer. So wie zur Zeit Jesu das Römische Imperium die Menschen ausgepresst habe wie eine Zitrone, so würden heute die Mächtigen in der globalen Wirtschaft die Erde und die Menschen ausdrücken.
Der Vortrag von Emanuel Huemer war der zweite Termin der Begegnungsabende zum Jubiläum „150 Jahre Steyler Missionare“. Beim nächsten Abend am 21. Jänner 2025 ist die Theologin und Sozialethikerin Ingrid Gabriel zu Gast in St. Gabriel. Sie spricht zum Thema „Interreligiöser Dialog und Mission: ein Widerspruch?“.
Fotos: Franz Helm SVD