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22. Okt 2025
Ein Vortrag des Bibeltheologen P. Michael Kreuzer SVD bildete den Auftakt zur St. Gabrieler Vortragsreihe 2025/26. Sie steht unter dem Titel „Zukunft braucht Dialog“.
Was können wir unter dem biblischen Begriff „Reich Gottes“ in der heutigen Zeit verstehen? In seinem Vortrag lieferte der Bibeltheologe P. Michael Kreuzer SVD gleich eine Reihe moderner Definitionen des „Reiches Gottes“: „Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung, die solidarische Gemeinschaft aller Menschen, das gemeinsame Wohl aller, eine weitgehend egalitäre Gesellschaft, in der nicht länger eine Minderheit in unverschämtem Luxus und eine Mehrheit in himmelschreiendem Elend lebt.“ Der Vortrag mit dem Titel „Dein Reich komme!“ – Glauben wir, was wir beten?“, zu dem die Steyler Missionare am 21.10.2025 ins Missionshaus St. Gabriel eingeladen hatten, bildete den Auftakt zur St. Gabrieler Vortragsreihe, die 2025/26 unter dem Titel „Zukunft braucht Dialog“ steht. Mehr als 70 Gäste füllten die Krypta des Missionshauses bis auf den letzten Platz.
In seinen Ausführungen erläuterte Pater Kreuzer den Zuhörerinnen und Zuhörern, welche Bedeutung dem Begriff „Reich Gottes“ in den verschiedenen biblischen Schriften zukommt. Reich Gottes sei der Inhalt der Verkündigung Jesu. So drehe sich das „Vater Unser“ komplett um das Kommen des Reiches Gottes. „Im ‚Vater Unser‘ will Jesus seinen Jüngern sein ureigenstes Anliegen weitergeben.“ Allein in den synoptischen Evangelien komme der Begriff „Reich Gottes“ 105mal vor, in der Hebräischen Bibel jedoch nur an drei Stellen: „Trotzdem ist das ‚Reich Gottes‘ das durchgehende, wenngleich verborgene, Thema der Tora und der Propheten“, erklärte Kreuzer.
Gott verfolge von Anfang an einen Geschichtsplan: das „Reich Gottes“ entstehen zu lassen. Der Mensch, so Michael Kreuzer, steige auf diesen Plan aber nicht ein („Ursünde“), auch der Plan Gottes mit Israel scheitere. Die Propheten kündigten ein neues Handeln Gottes an, mit dem die „Gottesherrschaft“ anbrechen solle. „Es versetzt mich in Staunen, wie sich Gottes Plan von der ersten Seite der Bibel bis zur letzten durchzieht, Gott aber auch nicht abgeht, vom Menschen Vertrauen in ihn zu verlangen“, betonte Kreuzer.
Mit Jesus von Nazareth sei das für die Christen angekündigte „Neue“ gekommen, das allerdings viel bescheidener ausfalle, als von den Propheten vorhergesagt. Das Kommen Jesu sei nicht auch schon gleichzusetzen mit dem Kommen des Gottesreiches. „Gott hat die Welt und den Menschen unfertig erschaffen. Auch Jesus hat nicht das fertige Reich Gottes gebracht, es ist Auftrag des Menschen, das Werk Gottes weiterzuführen und zu vollenden“, unterstrich der Bibeltheologe.
Der Steyler Missionar verwies auf die Konstitutionen der „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“, in denen es heißt: „Seine Sendung ist unsere Sendung“. „Jesus überträgt seine Sendung 1:1 an die Kirche“, sagte Pater Kreuzer. „Das Werk des Sohnes auf Erden weiterführen und vollenden – schöner und treffender lässt sich Sinn und Ziel der Aussendung Gottes auf die Jünger und die Mission der Kirche nicht beschreiben.“ Die Kirche sei nicht Selbstzweck, die Mission nicht eine Aufgabe der Kirche unter anderen. Nach den Worten Kreuzers sei die einzige Daseinsberechtigung der Kirche, die Sendung durch den Vater weiterzuführen und zu vollenden.
Die St. Gabrieler Vortragsreihe 2025/26 will Mut machen, sich in einer zunehmend gespaltenen Welt, in der Gewalt und Ausgrenzung zunehmen, auf den Weg des Dialogs einzulassen. „Wir Steyler Missionare sind überzeugt, dass in unserer Zeit mehr denn je der Dialog nötig ist“, betonte P. Franz Helm SVD in der Einführung zum Vortragsabend. „Statt Konflikte mit (Waffen)gewalt zu lösen, braucht es einen Dialog, der von Wertschätzung und Liebe geprägt ist. Denn nur, wenn Menschen einander auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam Wege für ein gutes Leben für alle suchen, wird es eine friedvolle Zukunft geben.“
Beim nächsten Abend der Vortragsreihe, am 18. November 2025, gibt Franz Helm „Missionstheologische Impulse für eine gespaltene Welt“.
Die weiteren Referentinnen sind die Linzer Pastoraltheologin und Synodenteilnehmerin Klara Antonia Csiszar (27. Jänner 2026), die geistliche Begleiterin und Autorin Petra Unterberger (17. März 2026) und die Leiterin des Welthaus Wien Teresa Voboril (21. April 2026).
Alle Vorträge finden um 19.30 Uhr in der Krypta des Missionshauses St. Gabriel, Gabrielerstraße 171, 2344 Maria Enzersdorf, statt. Nähere Informationen finden Sie im Programm-Flyer.
Fotos: Franz Helm SVD