Hochfest des heiligen Josef

Predigtimpuls

Ein Mann nach dem Herzen Gottes

1. Lesung: 2Sam 7,4-5a.12-14a.16;
2. Lesung: Röm 4,13.16-18.22
Evangelium: Mt 1,16.18-21.24a oder Lk 2,41-51a
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Es wird höchste Zeit, das weitverbreitete, verkitschte Bild des heiligen Josef zu ändern und die wahre, überragende Qualität dieses Mannes aufzuzeigen. Oder kann sich wirklich jemand vorstellen, dass Gott sich einen so weltfremden, einfältigen alten Mann zum Erzieher und Nährvater seines Sohnes ausgesucht hat? Oder ist der süßlichen Fantasie vergangener Frömmigkeitsideale nichts Gültiges entgegengesetzt worden, weil die Heilige Schrift so wenig über diesen Mann aussagt? Wer nur ein wenig sich hineinversetzt in Zeit, Aufgabe und Forderung, dem kommt ein anderer Mann entgegen.

Der natürliche, lebensfrohe, verliebte Mann Josef

„Und Josef, aus dem Hause Davids, war verlobt mit einer jungen Frau namens Maria.“ Heute würde das – auch bei noch so armen vornehmen Häusern heißen: eine königliche Hoheit, Prinz Josef von David gibt sich die Ehre, seine Verlobung mit Prinzessin Maria gebührend anzuzeigen… Dahinter steht ein junger Mann, für den die Welt offen, das Leben vor ihm steht. Selbstbewusst, aufgrund seines Berufes als Zimmermann mit Haus und Werkstatt, hat er ein Auge auf das junge Mädchen geworfen. Und Maria ist der Werbung positiv gegenübergestanden. Das heißt doch, dass die beiden die normale Laufbahn der Bekanntschaft, der Verliebtheit, der Verlobung und der Lebensplanung eingegangen sind.
Josef ist ein wirklich adeliger Mann. Er bietet seiner Braut den wahrhaft königlichen Schatz seiner unverbrauchten Liebe, das Schloss unverbrüchlicher Intimität, das Reich gemeinsam gestalteter Zukunft unter den Augen Gottes. Josef ist ein männlicher Mann. Und gerade deshalb bietet er seiner Braut seine Beherrschtheit an, weil er weiß, dass zuerst und entscheidend prägend die seelische Liebe, der geistige Gleichklang ist. Diese Einsicht, diese Kraft möchte man allen Brautpaaren wünschen, es wäre ihr Glück.

Der adelige, vornehme, charakterstarke Josef
„Und Josef, der ein gerechter Mann war, wollte sie nicht bloßstellen, und gedachte, sie im stillen zu entlassen.“ Über die junge Liebe fällt der Reif der Prüfung. Kein Brautpaar ist davor gefeit. Der Verschmelzungs- und Reinigungsprozess ist hart.
Josef fällt aus allen Wolken seiner Seligkeit. Er bemerkt, dass Maria schwanger ist. Und deutet ihre Verschwiegenheit auf seine Weise. Er hat keine Erklärung, sie gibt keine. Was soll er tun? Sie zur Rechenschaft ziehen, einen Skandal machen, an die Öffentlichkeit gehen?
Im Leiden entblößt der Mensch seinen Charakter. Josef zeigt seine wahre Liebe. Liebe ohne Selbstlosigkeit, ohne Verzicht ist keine Liebe. Wahre Liebe ist immer ehrfürchtig vor dem Geheimnis des anderen. Auch in der intimsten Zweisamkeit gibt es den letzten Bereich des Geheimnisses.
Seine Haltung zwingt Gott zum Eingreifen. Und Josef erhält die Frucht seines Verhaltens. Durchgestandenes Leiden vergrößert die Zweisamkeit. Gott schickt uns die Prüfung, nicht um zu quälen, sondern um uns reifen zu lassen. Denn Menschen müssen nicht zusammenleben, sie müssen zusammen-wachsen.

Der lebenstüchtige, schicksalsstarke Josef
Gang nach Bethlehem, Herbergssuche, Flucht nach Ägypten, Flüchtlingsleben. Nun schien den beiden das Leben erst richtig lebenswert. Sie waren bereit zu der Aufgabe, Jesus Heimat zu bieten. Dann aber kam es Schlag auf Schlag. Nur weil es einem übermütigen Kaiser einfiel, seine Untertanen zu rekrutieren, muss Josef mit der hochschwangeren Frau den langen, gefährlichen, beschwerlichen Wochenmarsch nach Bethlehem antreten. Muss sich von seinen Verwandten rüde abweisen lassen, als er um Quartier bat, konnte sich letztlich nur in den für die Tiere hergerichteten Stall zurückziehen. Aber Josef hat es gerichtet. Er steht Maria bei in ihrer schweren Stunde, er ist bei ihr und sorgt für sie. Und plötzlich der jähe Ruf. Schnell, nimm das Kind und flieh nach Ägypten. Ohne Pass, ohne Straßenkarte auf der Flucht in das Niemandsland Ägypten. Welch eine Leistung! Und schon hat er wieder Unterkunft und Lebensunterhalt für seine Familie. Das soll ihm einer nachmachen. Dahinter steht ein Mann voll Kraft und Lebensmut!

Der Lehrer im Beruf, der Vater in der Familie, der Vollendete im Tod
Nach Jahren im Exil, kaum hat sich das Leben normalisiert, kommt der Befehl Gottes, nach Nazareth zurückzukehren. Und dort beginnt die wohl schönste Zeit seines Lebens. Er darf dem jungen Jesus helfen, ins Leben hineinzuwachsen, einen Beruf zu erlernen. Lebens- und Berufskunde! Im Kreise und Schoß seiner Familie. In der Szene des Tempelbesuches an Ostern wird die Erziehungsordnung sichtbar: Gottesfurcht und Freiheit, aber auch Demut und Gehorsam lernt der junge Jesus am Beispiel Josefs und Marias. Und Jesus lernt am Beispiel dieser Menschen, wie nur ein Mensch lernen kann.
Und still, wie er in das Blickfeld der Öffentlichkeit gekommen ist, so zieht er sich zurück. Wie glücklich, wenn ein Mensch rückblickend sagen kann: Ich habe meine Pflicht getan. War das ein Leben? Gar manche würden verächtlich sagen: Das war nur ein Zimmermann. Doch nicht die äußeren Qualitäten machen das Leben, sondern allemal noch der Reichtum des Herzens. Und in diesem Sinne ist uns dieser Josef ein unerreichbares Vorbild, eben ein würdiger Mann an der Seite Jesu und Marias.

[Anmerkung der Redaktion: Die von Msgr. Moosbrugger verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1996; S. 102ff]

Msgr. Josef Moosbrugger
 

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