Bußgottesdienst Advent 2015

Versöhnungsgottesdienst

„Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“

1. Eröffnung

Wir stellen uns für diesen adventlichen Bußgottesdienst unter das Zeichen unserer Erlösung, das Zeichen des Kreuzes:

Im Namen des Vaters † und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Die barmherzige Liebe unseres Gottes sei mit euch.


2. Einleitung

Vor 26 Jahren fiel die Berliner Mauer. Und der Eiserne Vorhang wurde aufgetan und abgebaut. In den letzten Jahren wuchsen die Mauern zwischen den Völkern wieder. Zwischen Israel und Palästina, zwischen den USA und Mexiko. Dieses Jahr wurde der Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien hochgezogen. Der Ruf nach dichten Grenzen ist laut – kein Wunder, angesichts der Flüchtlingsströme, die nach Europa unterwegs sind.

Mauern können stützen und schützen. Mauern und Zäune können aber auch Schutzsuchende aussperren. Mauern können zu Absonderung und Trennung führen. Auch die Sünde ist Absonderung, Trennung von Gott und den Mitmenschen.

Der Psalmist betet: Mit meinem Gott überspringe ich Mauern.
Der Erlöser, der auf uns zukommt in diesem Advent,
durchbricht die Mauer, die Gott und Mensch trennt.
Er überwindet die Mauer der Entsolidarisierung.
Er bringt Versöhnung und Frieden.

3. Gebet

Barmherziger Gott,
als sündige Menschen stehen wir vor dir.
Die Sünde trennt uns von dir.
Und doch wissen wir: Du nimmst uns an.
Du hast die Macht, uns zu befreien von Sünde und Schuld.
Um diese Gnade bitten wir in dieser Stunde
durch Christus, unsern Herrn.

Amen.

 

4. Betrachtung über Zäune und Mauern

(kann durch Kürzung der Texte und Projektion von Mauerbildern verdichtet werden;)

Von der Homepage der Stadt Berlin:

Der Teil der Sperranlagen, der die übrige DDR an der Grenze zu West-Berlin abriegelte, war 111,9 Kilometer lang. Weit über 100.000 Bürger der DDR versuchten über die innerdeutsche Grenze oder über die Berliner Mauer zu fliehen. Mehrere Hundert von ihnen wurden von Grenzsoldaten der DDR erschossen oder starben bei Fluchtversuchen. Die allgemein bekannte "Berliner Mauer" war "nur" die vordere Sperrmauer Richtung West-Berlin. Der Auf- und Ausbau der Grenzanlagen folgte ihrem Zweck: Sie sollten Menschen aus Ost-Berlin und der DDR an der Flucht in den Westen hindern. 

Einen Schießbefehl im Sinne einer Verpflichtung zum Todesschuss gab es – juristisch betrachtet – nicht. Aber Belobigungen und Prämien für Todesschützen, ideologische Beeinflussung der jungen Wehrpflichtigen und Soldaten sowie Strafgesetze, die Fluchtversuche als Verbrechen definierten, rückten im Alltag der Grenzsoldaten die Erlaubnis zum Einsatz der Waffe in die unmittelbare Nähe der Pflicht.

Erst am 3. April 1989 erhielten die Grenztruppen der DDR nach einer Verlautbarung von Generalsekretär Erich Honecker die Anweisung, "die Schusswaffe" nicht mehr "zur Verhinderung von Grenzdurchbrüchen" einzusetzen.

Aus dem Spiegel, vom 8.8.2011

Ist es eine Mauer, ein Zaun, eine Sperranlage? Auf 760 Kilometern durchschneidet ein Bollwerk das Heilige Land. Es soll Attentäter abschrecken - doch Israel ignoriert mit dem Bau die Waffenstillstandslinie. Und verschärft damit den Nahost-Konflikt.

Etwa 760 Kilometer lang ist diese Sperranlage: Doppelt so lang wie die Waffenstillstandslinie von 1949, die Israel vom Westjordanland trennt. Größtenteils besteht sie aus einem elektronisch gesicherten Zaun, doch auf rund 30 km wird daraus eine bis zu acht Meter hohe Betonmauer. Mauer statt Zaun steht meist in den dicht besiedelten Gebieten in und um Jerusalem: für die Palästinenser ein Hindernis, das den Alltag erschwert - für die Israelis ein Bollwerk gegen den Terrorismus.

So aber sind palästinensische Siedlungen wie Kalkilya von drei Seiten umschlossen, jede Fahrt zur Schule oder ins Nachbardorf wird zur Reise. Anderswo wird palästinensischen Bauern der Zugang zu ihren Feldern unmöglich gemacht. In Jerusalem dauert es teils halbe Tage, in die Parallelstraße zu gelangen. Kilometerweit sind die Wege zwischen den Checkpoints, an denen Menschen mit der entsprechenden Erlaubnis auf die andere Seite passieren dürfen.

Aus dem Spiegel, 17.8.2015

Immer wieder beleidigt Präsidentschaftsbewerber Donald Trump Mexikaner - jetzt legt er in einem Thesenpapier zur Einwanderung nach. Er fordert eine Mauer an der US-Grenze, bezahlen soll Mexiko.

Der Immobilienhai provoziert immer wieder mit Parolen gegen Mexiko, verunglimpft die Menschen dort pauschal, indem er sagt: "Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger." Trotz heftiger Kritik in den USA und Lateinamerika macht der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber weiter mit seinem „Mexiko-Bashing“.

Jetzt legt Trump nach: Er veröffentlichte auf seiner Homepage ein Positionspapier zur Immigration. Darin fordert der Milliardär nicht nur eine Mauer an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze, wie er dies in den vergangenen Wochen wiederholt getan hat. Er verlangt auch: "Mexiko muss für die Mauer zahlen." Und bis der Nachbarstaat dies tue, sollten die USA Maßnahmen gegen Mexiko ergreifen.

An der US-Südgrenze zu Mexiko steht ein mehrere Hundert Meilen langer Zaun, er wird von Tausenden Beamten der Grenztruppe bewacht. Der Ausbau der Überwachung ist eine Forderung, die nicht nur Trump aufstellt. Sie ist im Lager der Republikaner durchaus konsensfähig.

Aus der ADR-Tagesschau, 15. 9.2015

Ungarn will wegen der Flüchtlingskrise nun auch einen Zaun an der Grenze zu Rumänien bauen. Unterdessen rief Serbien Ungarn dazu auf, wenigstens Frauen und Kinder ins Land zu lassen. Ab Mitternacht kontrolliert auch Österreich die Grenzen. 

Nach der Schließung der Grenze zu Serbien will Ungarn nun auch die Grenze zum EU-Land Rumänien teilweise mit einem Zaun abriegeln. Dies teilte Außenminister Peter Szijjarto in Budapest mit. Der neue Zaun solle im Drei-Länder-Eck Ungarn-Serbien-Rumänien beginnen und von dort aus entlang einer "sinnvollen" Distanz an der Grenze zu Rumänien errichtet werden. 

Erst am Montag hatte Ungarn die letzten Lücken im Grenzzaun zu Serbien geschlossen, durch die zuvor täglich Tausende Flüchtlinge ins Land gelangt waren. Damit sind Neuankömmlinge ohne gültige Einreisepapiere nun zu einem großen Umweg gezwungen, wenn sie in die Europäische Union wollen.

Zum Beispiel über Kroatien. Doch die Flüchtlinge haben fast kein Geld mehr, um sich alternative Fluchtrouten leisten zu können, berichtete ARD-Korrespondent Christian Limpert aus Horgos nach Gesprächen mit Flüchtlingen. Außerdem sei der Weg über Kroatien ein sehr gefährlicher, denn dort lägen noch viele Minen aus der Zeit des Jugoslawienkriegs.

 

5. Gebet im Wechsel: aus Psalm 18

Kehrvers: GL 629,1 „Du führst mich hinaus ins Weite,
du machst meine Finsternis hell.“

1. Ich will dich rühmen, Herr, meine Stärke, *
Herr, du mein Fels, meine Burg, mein Retter,

2. mein Gott, meine Feste, in der ich mich berge,*
mein Schild und sicheres Heil, meine Zuflucht.


3. Mich umfingen die Fesseln des Todes, *
mich erschreckten die Fluten des Verderbens.

4. In meiner Not rief ich zum Herrn *
und schrie zu meinem Gott. ―


5. Er griff aus der Höhe herab und fasste mich, *
zog mich heraus aus gewaltigen Wassern.

6. Er führte mich hinaus ins Weite, *
er befreite mich, denn er hatte an mir Gefallen. ―


7. Du, Herr, lässt meine Leuchte erstrahlen, *
mein Gott macht meine Finsternis hell.

8. Mit dir erstürme ich Wälle, *
mit meinem Gott überspringe ich Mauern.


9. Du schaffst meinen Schritten weiten Raum, *
meine Knöchel wanken nicht.

10. Darum will ich dir danken, Herr, vor den Völkern, *
ich will deinem Namen singen und spielen. ―


11. Ehre sei dem Vater und dem Sohn *
und dem Heiligen Geist,

12. wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit *
und in Ewigkeit. Amen.

 

6. Evangelium: Mk 2, 1-12

(Sündenvergebung und Heilung für Gelähmten)

 

7. Homilie

Menschen durchstoßen ein Dach, sie durchstoßen Mauern, um zu Jesus zu gelangen.
Und er schenkt Vergebung und Heilung.
Wir sind mit dieser Sehnsucht hier, nach Vergebung und Heilung,
nach Überwindung dessen, was trennt.
Wir haben Mauer und Zäune in unserer Welt meditiert.
Vielleicht haben wir uns gedacht: Was bleibt anderes übrig?
Die Mauern sind notwendig, für Schutz und Kontrolle.
Vielleicht haben wir auch Entrüstung gespürt, oder Ohnmacht, oder Schmerz.
Mauern – sind die nur dort, oder auch bei uns?
Welche Mauern brauchen wir, um uns zu schützen und abzugrenzen?

Aber welche Mauern trennen auch, welche grenzen aus, welche sperren Menschen weg?
Und welche Mauern tragen wir in uns, in unserem Herzen?
Mauer des Hasses, des Nicht-vergeben-könnens
Mauer der Gleichgültigkeit
Mauer der Ablehnung
Mauer der Angst
Mauer des Schweigens
Mauer des Unverständnisses: Zwischen Generationen, Kulturen, Charakteren?
Mauern aufgrund von Krankheit oder Demenz
Mauer der Geschäftigkeit
Mauer der Bequemlichkeit, der Selbstzufriedenheit,
Mauer der Frömmigkeit, „eingebunkert in Selbstgerechtigkeit“
Das waren die größten Konflikte Jesu – mit den Schriftgelehrten, den Gesetzestreuen,…
„Eingebunkert in Selbstgerechtigkeit“ – das ist eine Mauer Gott gegenüber

Unser christlicher Glaube fordert uns heraus,
Grenzen zu sprengen und Mauern zu überspringen.
Das ist keine Frage der körperlichen Fitness, des Alters.
Es ist eine Frage der Bekehrung,
der Umkehr hin zum Leben, zum Miteinander,
zur Solidarität mit den Schwachen.
„Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um. Glaubt an das Evangelium!“

 

8. FRAGEN für die persönliche Besinnung

(austeilen, für jeden persönlich)

Welche Mauern gibt es in meinem Leben?
- Mauern, die notwendig sind, weil sie Schutz bieten
- Mauern, die absondern und trennen von Gott,
- von den Mitbrüdern, den Mitmenschen, der Welt

Was erbitte ich von Gott in dieser Stunde?
Über welche Mauer möchte ich springen?

 

9. Lied:

GL 273 „O Herr, nimm unsre Schuld“

 

10. Allgemeines Schuldbekenntnis

Bekennen wir vor Gott und voreinander, dass wir sündige Menschen sind, die der Barmherzigkeit Gottes bedürfen:

Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, und allen….

 

11. Vergebungsbitte

Der allmächtige Gott erbarme sich unser. In seiner Barmherzigkeit nehme er die trennende Wand der Absonderung und der Sünde hinweg von uns. Er schenke uns Vergebung, Versöhnung untereinander und mit ihm. So führe er uns zum ewigen Leben.

12. Friedensgruß

Gott hat uns aus Schuld und Sünde befreit. Er schenkt uns seinen Frieden.
Er will uns zu Boten seiner Versöhnung und seines Friedens in einer Welt voller Zäune und Mauern machen. Im Bewusstsein dieser Sendung gehen wir jetzt aufeinander zu.

Der Friede des Herrn sei allezeit mit Euch. – Und mit deinem Geiste.

Schenkt einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung.


13. Zeichen für den Weg:

Bild von Sieger Köder, Mit meinem Gott überspringe ich Mauern, Kunstverlag Ver Sacrum, Bestell-Nr: Nr. 880 T, Internet: http://www.versacrum.de/mit-meinem-gott-ueberspringe-ich-mauern-p-169.html

oder: Ein Mauerstein (kleiner Ziegelstein)

Als Erinnerung an diese Feier der Versöhnung bekommen wir ein Bild / einen kleinen Ziegelstein. Dieses kleine Zeichen soll uns in unserem Alltag daran erinnern, dass wir mit Gottes Hilfe Mauern überspringen können. Und es soll uns eine Ermutigung sein, besonders aufmerksam zu sein für die Mauer in unserem Leben, die uns bei der Besinnung am meisten zu Bewusstsein gekommen ist.


14. Schlussgebet

Barmherziger Gott,
Du bist barmherzig und gnädig, ein Freund aller Menschen.
Du befreist uns von Sünde und Schuld, aus Mauern und Enge,
zur Freiheit der Kinder Gottes.
Dafür danken wir dir, und wir bitten dich:
Hilf uns, als versöhnte Menschen offen und hilfsbereit
unseren Mitmenschen zu begegnen.
Führe uns alle in dein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens,
wo alle Menschen das Leben in Fülle finden
durch Christus, unseren Bruder und Herrn.

Amen.

15. Schlusssegen

Gott sei vor dir
um dir den Weg
der Befreiung zu zeigen.

Gott sei hinter dir,
um dir den Rücken zu stärken
für den aufrechten Gang.

Gott sei neben dir,
eine gute Freundin
und ein guter Freund
an deiner Seite.

Gott sei um dich
wie ein schönes Tuch
und eine wärmende Alpaka-Decke,
wenn Kälte dich blass macht
und Lieblosigkeit dich frieren lässt.

Gott sei in dir
und weite dein Herz, um zu lieben
und gegen Mauern anzukämpfen.
(nach einem Segen aus Peru)

So segne dich der gute, der barmherzige Gott,
der Vater, † der Sohn und der Heilige Geist. 

Amen.


Schlusslied:

GL 395 „Den Herren will ich loben“


P. Dr. Franz Helm SVD

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