01. Sep 2005
Wir beten für die jungen Kirchen, dass sie mitwirken, die Botschaft des Evangeliums in ihren eigenen Ländern zu verwurzeln.
Die Missionsgebetsmeinung von September 2005 schreibt ein Paradigma in der Missionsgeschichte fest. Zugleich ist sie Ausdruck einer neuen Haltung der Christen in der alten Welt, die aus der Geschichte gelernt haben. Kein Hauch mehr von westlichem Triumphalismus und Kolonialismus, nur noch Selbstbescheidung und Bereitschaft, die ehemaligen Missionsländer als gleichwertige Partner in der Mission "Ad Gentes" anzuerkennen. Ja, noch mehr: Ohne "Wenn und Aber" sehen die westlichen Christen - 50 Jahre nach dem II. Vaticanum - ihre vornehmste und wichtigste Aufgabe darin - übrigens wie es Paulus für sich bereits im Brief an die Philipper unübertrefflich formuliert hat - , für ihre Mitchristen "Diener des Glaubens" (Phil 2,17) zu sein.
Und in der Tat: Wie können wir Christen in Europa und Amerika den christlichen Menschen in Afrika und Asien besser helfen, treu ihrer missionarischen Berufung zu leben und die Völker zu Jüngern Jesu zu machen und "die Botschaft des Evangeliums in ihren eigenen Ländern zu verwurzeln", als dadurch, dass wir für sie beten (Mt 28,19)?!
Eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass die Kirche Jesu die Stürme der Zeit überdauert, ist - um im Bild von Mt 16,18 zu bleiben - der Bau eines Gebäudes, das auf steinigem, felsigem Boden errichtet ist. Dann kann an Unwettern und Beben - sprich: Ungerechtigkeiten, Intoleranz, Diskriminierung, Hass und Verfolgung - kommen, was will -; vielleicht wird der Bau etwas erzittern, aber einstürzen wird er nicht.
Andere biblische Bilder für das Reich Gottes, die bereits die Kirchenlehrer der ersten Jahrhunderte benützten und die sich auch großer Beliebtheit bei den heutigen Missionswissenschaftlern erfreuen, sind der Welt der Botanik, oder genauer, der täglichen Erfahrung der agrarischen Bevölkerung entnommen: Weinstock, Weizen und Feigenbaum. Sie symbolisieren Leben, Vitalität und Dynamik. Sind ihre Wurzeln gesund, dann breiten sie sich nicht nur unaufhaltsam aus, sie bringen auch viele Frucht, hundertfach. So sollen sich auch "die jungen Kirchen" unermüdlich bemühen, "die frohe Botschaft vom Evangelium in ihren eigenen Ländern zu verwurzeln". Inkulturation bis zu den Wurzeln ist also gefragt, damit christliche Religion in neuen Kulturen und Völkern wachsen kann und zur bodenständigen Religion wird. Was Wurzeln geschlagen hat, hat den Boden gefunden, wo es sich nähren und entfalten kann. Was einst die europäischen Missionare gepflanzt und begossen haben, war nur der Anfang: Oft ging der Glaube nicht über die intellektuelle Annahme von geoffenbarten Wahrheiten hinaus. Worauf es aber ankommt, damit der Glaube von Dauer ist und von Generation zu Generation in den jungen Ländern immer mehr verwurzelt wird, ist die Gott-Ergriffenheit des ganzen Menschen, besonders des Herzens, das sich nicht nur auf Glaubensverkündigung verlässt, sondern auf Glaubenserfahrung, die das Werk des Geistes ist, den Jesus allen Völkern und Rassen versprochen hat. Dass sich die Christen in den jungen Kirchen diese Verwurzelung des Glaubens immer mehr zur eigentlichen Aufgabe machen, dafür lasst uns im Monat September besonders beten.
Dieser Beitrag ist entnommen aus der Zeitschrift "DIE ANREGUNG" Ausgabe 5/2005