01. Mär 2006
Wir beten, dass die jungen Menschen auf ihrer Suche nach dem Sinn des Lebens liebevoll begleitet werden.
Die positiven Aspekte des Suchens
Wer mit Jugendlichen und jungen Menschen zu tun hat, kann wahrhaftig das Leben und die damit verbundenen Freuden, Möglichkeiten und Hoffnungen, aber auch Spannungen spüren und erleben. Das Ereignis des letzten Weltjugendtages in Köln ist dafür ein beredtes Zeugnis. Trotz mancher Startschwierigkeiten und Unkenrufe, war es doch ein wichtiges Ereignis für die jungen Menschen und für die Kirche, dessen Erfahrungen und Desiderate allerdings noch weiter angeschaut und aufgearbeitet werden müssen - hier bei uns in Deutschland und Europa, aber auch in aller Welt.
Es gehört wohl mit zum Jugendlichen, sich nicht so schnell einzurichten und festzulegen, das Suchen ist ein dynamisches Lebenselement (vgl. Joh 1,38), auch wenn dies dann mitunter zu Irrtümern und Fehlschlägen führt. Es wäre meines Erachtens sehr fatal, wenn Jugendliche sich insgesamt schon wie "Achtzigjährige" mit ihren vielen positiven und negativen Erfahrungen verhielten. Zugegebenermaßen kann allerdings dieses Wechselhafte und nicht Berechenbare für Erwachsene und Eltern sehr anstrengend sein.
Besondere Situation der Jugendlichen
Da hört man dann des Öfteren Erwachsene von Unreife reden, von Verantwortungslosigkeit, von einem Jagen nur nach dem schnellen Genuss und dem Erleben im Heute. Natürlich gibt es das auch. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Verhalten der jungen Leute nicht nur ein bloßer Protest oder ein Contra darstellt, sondern dass es etwas von dem widerspiegelt, was im Verhalten der Gesellschaft und ihren Leitideen bzw. Werten vorhanden ist. Dies ist aber nicht an eine Altersgruppe gebunden, sondern geht quer durch die Generationen. Wir alle kennen durchaus sehr reife junge Menschen, aber auch sehr unreife Erwachsene, die dies bis ins hohe Alter hinein bleiben.
Das Beispiel der "Missionarinnen / Missionare auf Zeit"
Junge Menschen, die auf der Suche nach dem Sinn für ihr Leben sind, leisten als "MaZler oder MaZlerinnen" weltweit einen freiwilligen Einsatz für Glaube, Frieden und Gerechtigkeit.
In den letzten 25 Jahren haben über 700 junge Frauen und junge Männer einen solchen Einsatz allein mit den Steylern absolviert. Während des 12- bis 18-monatigen Einsatzes werden sie von Steyler Missionsschwestern und Missionaren begleitet. Dabei geht es um ein Mitleben und Mittragen der Mission, bzw. der Kirche, in konkreten Projekten wie Schulen, Pfarreien, Kinderheimen, Arbeit mit Straβenkindern, Sozialprojekten, etc. Dieser Einsatz möchte auch hinführen zu nachhaltiger Sensibilität und lebenslangem Engagement für die Menschen, vor allem für die Armen und an den Rand Gedrängten- (vgl. dazu die Steyler Homepage) Ich selbst habe als Missionar in Argentinien auch immer wieder mit diesen jungen Männern zusammen gelebt und gearbeitet. Ich konnte erfahren, wie sie kritisch und offen unser missionarisches Wirken hinterfragten; wie sie sich selbstverständlich engagierten und große Einschränkungen ohne weiteres akzeptierten - ständig auf der Suche, um den Menschen dort zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Aber ich habe auch erfahren dürfen, wie sie viel von ihnen lernten: z. B. Zeit haben, die Gastfreundschaft gerade der Ärmsten, das Leben in totaler Einfachheit, das Kämpfen um ihre Rechte - all das erfuhren sie als ungeheuer bereichernd auf der Suche für ihr eigenes Leben.
Die Erfahrung des Beschenktseins
Eines Tages kam einer dieser Jugendlichen zu mir und fragte mich, ob er nicht bei der Familie Perez wohnen dürfte, sie hätten ihn eingeladen. Ich war zunächst nicht so davon begeistert, weil diese junge Familie kaum für ihr eigenes Leben ausreichend Mittel hatte. Wir sprachen darüber, und er sprach auch noch einmal mit ihnen, ohne dass diese sich beschämt fühlten. Dann zog er zu ihnen. Nach eineinhalb Monaten kam er zurück. Er hatte sehr viel gelernt und erfahren; vor allem aber, wie die Liebe und Sorge dieser jungen Familie ihm für vieles die Augen geöffnet hatte, wofür er bis dahin keinen Blick hatte. Er konnte am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, dass nicht das HABEN, sondern das SEIN im Leben und für das Leben entscheidend ist - trotz der großen sozialen und finanziellen Not, die ihn Tag für Tag mehr bedrängte. Dieses "Experiment" war für ihn eine wirkliche Lebensschule, die er wohl nie vergessen wird.
Im Begleiten Raum geben
Ich glaube, dass es für die jungen Menschen nicht in erster Linie auf mehr Wissen im technischen Sinn ankommt, sondern darauf, dass ihr Lebenswissen, ihre menschliche Reife, die Erfahrung, angenommen und geliebt zu werden, entscheidend sind - und dass sie so auch selbst liebesfähig werden, um für andere da zu sein. Dass ihnen gesagt und zugetraut wird, dass sie die Hoffnung für unsere Zukunft sind. Davon war auch immer wieder auf dem Weltjugendtag die Rede - und das muss dann auch in Zukunft noch mehr eingelöst werden. Papst Benedikt XVI. sprach dies in seiner Predigt in der Abschlussmesse so an: "- die eigentliche Wandlung, die im Abendmahlssaal geschah und die dazu bestimmt war, einen Prozess der Verwandlungen in Gang zu bringen, dessen letztes Ziel die Verwandlung der Welt dahin ist, dass Gott alles in allem sei (vgl. 1 Kor 15,28). Alle Menschen warten immer schon irgendwie in ihrem Herzen auf eine Veränderung und Verwandlung der Welt. Dies nun ist der zentrale Verwandlungsakt, der allein wirklich die Welt erneuern kann: Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben."
Beten wir darum miteinander, dass die jungen Menschen auf ihrer Suche dann dem begegnen, der die Erfüllung all unserer Sehnsüchte darstellt: dem liebenden Gott.
Heinz Schneider SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung März 2006 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 2/2006, Steyler Verlag, Nettetal