Missionarische Gebetsmeinung - September 2007

01. Sep 2007

Wir beten für alle Missionare, Frauen und Männer, dass sie in der Nachfolge Jesu aus der Kraft seines Wortes die Schwierigkeiten des Alltags bewältigen können.

Was haben Kartoffeln und Missionare gemeinsam? - Nun, wenn sie im Dreck liegen, gehen ihnen die Augen auf! Dieser Witz, den man mir vor meinem Ersteinsatz in Übersee mit auf den Weg gab, birgt in der Tat einen Funken Wahrheit in sich. Was habe ich mir alles so erträumt und gewünscht für meine neue Aufgabe als Missionar? Wie romantisch habe ich mir das vorgestellt: die Menschen Melanesiens in ihren Buschhütten aufzusuchen, um ihnen zu helfen. Stattdessen wurde ich am Rande einer Großstadtpfarre eingesetzt, in der es eher unattraktive Wellblechbehausungen gab, die nahe davor standen, sich zu Favelas zu entwickeln. Es gab so viel mehr Jugendkriminalität und Alkoholmissbrauch in der Stadt, als ich je vorher in meinem Leben begegnet bin. Dass die Infrastruktur jenes Landes nicht einfach sein würde, damit hatte ich gerechnet. Aber gleich ohne eine Brücke mit dem Auto durch einen reißenden Gebirgsbach hindurch fahren zu müssen, oder mit einem Vierradantrieb, den ich bisher nur aus der Autowerbung kannte, auf einer Schmierseifen glatten Lehmpiste auf die Außenstation zu gelangen: Das waren doch Erfahrungen, die mir in der Tat die Augen aufgehen ließen. Als Neuling, der sich noch mit der Sprache abmühen musste, war ich nicht nur ein Spaßvogel für die Kinder, sondern auch jemand, den man mal austesten konnte, indem man ihn um einen kleinen Kredit anbettelte. Es war in gewisser Hinsicht eine schmerzhafte Erkenntnis, dass ich wohl noch lange brauchen würde, um die Menschen richtig einzuschätzen und zu verstehen. Gut, dass es in jener Zeit verständnisvolle Mitbrüder gab, mit denen ich mich austauschen konnte und die mir auf Grund ihrer langjährigen Erfahrungen den einen oder anderen wichtigen Hinweis und Tipp geben konnten. Außerdem musste ich bald einsehen: Meine Sorgen und Nöte am Anfang waren relativ klein und harmlos gegenüber jenen, die manch anderer zu bewältigen hatte.  

Schon der heilige Paulus, der große Völkerapostel, wusste aus eigener Erfahrung heraus um die Nöte und Schwierigkeiten, die man erlebt, wenn man sich mit Leib und Seele für die Verkündigung des Evangeliums einsetzt. Gleichzeitig lebte in diesem Eiferer für Gott auch die ganz große Hoffnung, dass im missionarischen Dienst - und mag er manchmal noch so schwer sein - etwas vom wahren Leben in Christus für die Welt zeugnishaft sichtbar wird. In seinem zweiten Brief an die Korinther kann man das nachlesen: "Von allen Seiten werden wir bedrängt, aber nicht erdrückt. Wir wissen oft nicht mehr weiter, aber wir verzweifeln nicht und geben nicht auf. Von Menschen werden wir gejagt und gehetzt, aber bei Gott finden wir Zuflucht. Wir werden zu Boden geschlagen, aber wir bleiben nicht liegen. Indem wir tagtäglich unser Leben für Jesus einsetzen, erfahren wir am eigenen Leib etwas von seinem Sterben. Wir erfahren dadurch aber auch etwas vom Leben des auferstandenen Jesus. So sind wir also um Jesu willen ständig dem Tod ausgeliefert; aber an unserem sterblichen Leib wird auch immer wieder sein Leben sichtbar." (2. Kor 4,8-11)  

Missionarsleben also pures Opferleben? Man könnte es so sehen. Vielmehr ist aber wohl auch wahr: Missionare und Missionarinnen tun ihre Arbeit in der Regel gern. Das zunächst fremde Land mit seinen vielen Menschen wird für viele von ihnen trotz allem oft zu ihrer neuen Heimat. Aus der anfänglichen Fremdheit und Beziehungslosigkeit wächst eine innige und tiefe Verbundenheit. In einem seiner Briefe, die er in seine Heimat Südtirol schrieb, meinte Josef Freinademetz, ein großer Chinamissionar aus dem 19. Jahrhundert: "Ich liebe China und seine Menschen und würde gerne tausend Tode für sie sterben. Es ist hier unter den Chinesen, wo ich begraben sein möchte, und im Himmel möchte ich Chinese sein." Um diese Zeilen recht zu verstehen, muss man wissen, dass auch Josef Freinademetz während seiner Missionstätigkeit in China mehr als einmal "im Dreck lag". Es brauchte lange, bis das Vertrauen zwischen ihm als Missionar einerseits und den Einwohnern des Landes andererseits stark genug war, damit aus Fremden Freunde werden konnten. Aber auch dem Josef Freinademetz sind im Laufe der Jahre die Augen aufgegangen für die Schönheit Chinas und die Liebenswürdigkeit der Menschen. "Die Liebe ist die einzige Sprache, die alle Menschen verstehen" ist wohl einer seiner bekanntesten Aussagen, die auch heute für alle Missionarinnen und Missionare - hier in der Heimat oder dort in Übersee - als Grundsatz angenommen werden kann, um die Schwierigkeiten zu überwinden, denen sie im alltäglichen Leben begegnen.

 

Norbert Cuypers SVD, Kommentar zur Missionsgebetsmeinung September 2007 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 5/2007, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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