Allgemeine Gebetsmeinung - Oktober 2007

01. Okt 2007

Wir beten, dass alle Christen in der Diaspora gestärkt und ermutigt werden, ihren Glauben zu leben und treu zu bezeugen.

Erfahrungen der jungen Kirche

In der jungen Kirche, wie es uns die Apostelgeschichte berichtet und wie wir aus der Geschichte dieser Anfangszeit wissen, hat "klein" angefangen und musste sich gegenüber der Synagoge und später auch anderen Religionen durchsetzen und behaupten. Erst ganz langsam wurde ihr bewusst, dass sie nicht in das bekannte religiöse Schema des bisherigen jüdischen Glaubens passte. Es kam zu Auseinandersetzungen, zu tief greifenden theologischen Disputen, bis hin zu Verfolgung und Ausschluss aus der Synagoge. Weiter spielte sicherlich auch die bekannte Naherwartung zunächst eine wichtige Rolle im Selbstverständnis der jungen Gemeinde.


Entfacht den Heiligen Geist in euch, den ihr empfangen habt

Es war immer zunächst das Wirken Gottes, seines Heiligen Geistes, das die Jünger und die blühende Gemeinde bewegte und bestimmte. Natürlich kamen auch menschliche Komponenten hinzu, welche die missionarische Kirche mehr und mehr bestimmte und wachsen ließ. ("Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens." Apg 2,46). Die Begeisterung darüber, wie offensichtlich der Heilige Geist wirkte und wie neue Gemeinden entstanden, ja Menschen anderer Kulturen und Religionen sich den Jüngern anschlossen, war sicherlich ein enormer Stimulus für die einzelnen, auch ihrerseits mit Freude den neuen Glauben, die Bekehrung zu Jesus Christus, zu leben. Das steckte an und blieb nicht ohne Wirkung. ("Immer mehr wurden im Glauben zum Herrn geführt, Scharen von Männern und Frauen." Apg 5,14).


Zivilcourage zeigen in der Öffentlichkeit

"Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben" (Apg 4,20), das war eine Erfahrung der Apostel, die auf ihre unmittelbare Begegnung mit Jesus zurückging. Im Lichte der Auferstehung begannen sie nun so manches zu verstehen, was ihnen vorher verborgen und unverständlich war. Und dies prägte ihr Leben so stark, dass die Strafdrohungen der jüdischen Behörden sie nicht hindern konnten, ein Glaubenszeugnis für Jesus abzugeben, d. h. es öffentlich zu verkünden. Daraufhin angesprochen, habe ich selbst als Missionar erfahren, wie wichtig die eigene Glaubenserfahrung (aber auch das Zugeben, dass es da Fragen und Unsicherheiten gibt) für den anderen ist, der auf der Suche nach dem Glauben ist oder der sich einen fundierten und festen Glauben wünscht, der sein Leben trägt. Den Glauben auch im Alltag leben - gerade auch heute, wo viele nur noch einen sehr peripheren Kontakt zur Kirche haben; wo die Glaubenspraxis oder die Begegnung mit Kirche sich immer mehr auf besondere Ereignisse im Leben, wie z. B. das neu geborene Kind (Taufe), Tod und Sterben (Beerdigung) reduziert - ist wieder zu einer missionarischen Herausforderung für die Kirche, aber auch für jeden Christen geworden.


Ihr sollt meine Zeugen sein - bis ans Ende der Welt (Mt 28)

Nur wer auch von seinem Glauben überzeugt und begeistert ist, kann davon Zeugnis geben; kann andere einladen, diesen Glauben kennen zu lernen. Die deutschen Bischöfe haben in ihrem Dokument "Zeit der Aussaat" auf diese Situation in Deutschland hinweisen wollen. Die Bischöfe machen u. a. in diesem Dokument auf Folgendes aufmerksam: "Zum missionarischen Kirchesein gehört ganz sicher der Mut zum eigenen, unverwechselbaren Profil. Christliches Leben gewinnt darin eine befreiende Kraft, die es befähigt zur Solidarität. Ohne ein Minimum an Bereitschaft, widerständig und anders zu sein gegen übliche Plausibilitäten, kann es schwerlich christlichen Glauben geben. Ein unverwechselbares Profil des Christseins führt auch immer zu den Fragen, die das Zeugnis des Wortes provozieren." (und weiter) "Missionarisch Kirche sein bedeutet nicht, eine zusätzliche kirchliche Aktivität zu entfalten. Communio und Missio, Gemeinschaft und Sendung, sind immer die zwei Seiten ein und derselben Medaille." (db 068, S. 5 und 6)


Glauben und Leben nicht trennen

Gerade in der aktuellen Diskussion um eine gemeinsame Verfassung für Europa und den (fehlenden) Gottesbezug darin wird meines Erachtens deutlich, wie "delikat" dieses Thema heute wieder ist: Darf oder soll man sogar in der Öffentlichkeit für den Glauben, für die Wirklichkeit Gottes eintreten? Lässt sich die Geschichte Europas überhaupt ohne die vielfältigen Bezüge zum christlichen Glauben verstehen und darstellen? Hier stellt sich nicht nur die Frage nach den Wurzeln, sondern - auf das Heute und die Zukunft hin bezogen - auch nach den grundlegenden Komponenten des Lebens, der Menschen, der Schöpfung usw. Trauen wir Christen uns heute noch, "widerständig und anders zu sein" und damit anzuecken oder vielleicht sogar Nachteile in Kauf zu nehmen? Es geht ja nicht um eine Opposition oder darum, sich quer zu legen, sondern darum, dass wir aus unserer Glaubensüberzeugung auch keinen Hehl machen, sondern vielmehr andere einladen, diesen Glauben kennen zu lernen und dadurch zu erfahren, wie unser Glaube dem Leben auch eine andere Qualität gibt. 

Beten wir deshalb darum, dass wir Christen, überall dort, wo wir in der Minderheit sind, die Kraft und den Mut haben, unseren Glauben auch zu leben und von ihm Zeugnis ablegen.

 

Heinz Schneider SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Oktober 2007 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 5/2007, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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