Allgemeine Gebetsmeinung - November 2007

01. Nov 2007

Wir beten für alle, die in der medizinischen Forschung und in der Gesetzgebung Verantwortung tragen, um einen tiefen Respekt vor dem menschlichen Leben vom Anfang bis zum Ende.

Das Anliegen ist aktuell und wichtig

Es ist keine Frage, dass das in der obigen Gebetsmeinung angesprochene Anliegen von höchster Wichtigkeit und Aktualität ist. Der Bereich der Bioethik, der sich mit der Geltung und der Überprüfbarkeit der moralischen Regeln für den Umgang mit den Biowissenschaften befasst, und der Bereich der Biopolitik, der sich auf die gesetzgeberische Gestaltung dieses Gebietes konzentriert, ist in der Europäischen Union und in deren einzelnen Ländern heftig umstritten.

 

Embryonale Stammzellen

Nicht wenige Vertreter der Biowissenschaften versuchen, zu Forschungszwecken im Dienste anstehender Therapien die Anzahl der zur Verfügung stehenden embryonalen Stammzellen zu multiplizieren und die bestehende Gesetzgebung, die speziell in Deutschland eng gefasst ist, zu liberalisieren. Da es keine moralisch saubere Gewinnung von embryonalen Stammzellen gibt - sie ist immer mit der Tötung von menschlichen Embryonen verbunden - sind diese Versuche aus ethischen Gründen abzulehnen. Zudem sind in nächster Zeit kaum erfolgreiche, aus den Experimenten mit embryonalen Stammzellen gewonnene Therapiemöglichkeiten für bestimmte Krankheiten zu erwarten. Selbst der Vorsitzende des "Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie" in Deutschland, Bernd Wegener "machte den Forschem den Vorwurf, aus Eigeninteresse falsche Erwartungen für die Entwicklung neuartiger Medikamente geweckt zu haben. Man hat die Öffentlichkeit in die Irre geführt ... Man sollte nicht so tun, als hänge das Heil der Patienten an der Forschung mit embryonalen Stammzellen... Medizinisch sei davon nur in ganz wenigen Bereichen etwas zu erwarten - etwa bei der Unterstützung von Keimbahntherapien, die aber bisher gesellschaftlich nicht akzeptiert seien" (Johannes Reiter: Bioethik und Biopolitik in "Herderkorrespondenz" 61 3/2007 S. 141).

 

Adulte Stammzellen

Bernd Wegener weist in seinen Einlassungen auf die ethisch eher zu verantwortende Forschung mit adulten Stammzellen hin. Hier werden keine Embryonen getötet, und es sind hier "die wesentlichen Ansätze für neuere Therapien" zu finden. "Adulte Stammzellen, seien für die Arzneimittelindustrie wirklich bedeutsam" (a.a.0). Es ist wirklich nicht einzusehen, warum auf diesem Gebiet nicht eine größere Intensität, Variabilität und Energie zu Forschungszwecken eingesetzt werden, zumal bereits Therapieerfolge aus dieser Forschungsrichtung für 65 Krankheiten dokumentiert sind (vgl. Johannes Reiter. Herderkorrespondenz 60 8/2006 S. 390). Es gilt für die bioethische und biopolitische Behandlung dieses ganzen Problems, was Kardinal Lehmann in einem Interview sagte: „Ich kann nicht einsehen, wie man einer 'verbrauchenden' Embryonenforschung prinzipiell und wirksam entgegenstehen kann, wenn man - wie immer ethisch begründet - Ausnahmen zulässt und rechtfertigt. Der Schutz des Lebens gilt uneingeschränkt, da kann es keine Ausnahme geben."

 

Sterbebegleitung

Was den zweiten Schwerpunkt des obigen Gebetsanliegens angeht, ist der Respekt vor der Würde der menschlichen Person auch in der Phase des Abschiednehmens von diesem Leben anzumahnen. Was sich hier unter dem Stichwort der sogenannten "Sterbebegleitung", die auch die aktive medizinische Hilfe zum Suizid nicht ausschließt, wenn der Schwerkranke oder Sterbende seinen Zustand nicht mehr ertragen zu können glaubt, alles tut, ist höchst problematisch. Der Moraltheologe Johannes Reiter schreibt zu dieser Problematik: "Es geht .... um Probleme, die uns alle elementar betreffen. Die (hier) aufgeworfenen Fragen richten sich an die grundlegenden Orientierungen, von denen her Menschen ihr Leben gestalten, an die Verlässlichkeit der Garantie von Lebensrecht und Lebensschutz, an unser Menschenbild. In dieser von Unübersichtlichkeit und Dissens geprägten Situation, in der der Einzelfall vielleicht noch plausibel und akzeptabel erscheint, im Zusammenhang des Ganzen aber zum Bestandteil eines Schreckenbildes werden kann, liegt es nahe, nach der Aufgabe von Theologie und Kirche zu fragen." Die Antwort darauf ist hier nicht umfassend darzustellen. Aber ansatzweise ist hinzuweisen auf die kirchliche-caritative Förderung der medizinischen, pflegerischen, psychotherapeutischen, seelsorgerlichen und auch palliativen Initiativen, wie sie in der Hospizbewegung üblich geworden sind. Hier geht es um eine Sterbebegleitung, die wirklich ihren Namen verdient. In diesem Ambiente können die Menschen ihre letzte hiesige Lebensphase durchleben und in Frieden sterben, ohne den Eigendynamiken einer unbedingt lebensverlängernden Apparatemedizin ausgesetzt zu sein. Der Mensch ist nach christlicher Auffassung auch in dieser Phase seiner Existenz nicht Herr seines Lebens und dessen Endes, aber er darf und soll in Würde sterben können, wenn die Zeit gekommen ist.

(Dieser Kommentar verdankt sich den kompetenten Ausführungen von Professor Dr. Johannes Reiter zum Thema in verschiedenen Aufsätzen in der "Herderkorrespondenz".)

 

Franz-Josef Janicki SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung November 2007 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 6/2007, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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