Allgemeine Gebetsmeinung - Januar 2008

01. Jan 2008

Wir beten, dass die Kirche ihre Anstrengungen für die volle Einheit im Glauben und Bekenntnis verstärkt, damit sie mehr und mehr als Gemeinschaft der Liebe des Dreifaltigen Gottes sichtbar wird.

Einheit der Kirche
Der Herr hat eine einzige Kirche gewollt und gestiftet. Aber die Jünger Jesu sind heute in zahllose Kirchen und Konfessionen zerteilt und z.T. zerstritten. Gewiss ist das ökumenische Klima etwa seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil besser geworden. Die Leute, die heute vom Stillstand der Ökumene reden, sollten sich einmal an die früheren Zustände erinnern. Ich kenne katholische Dörfer, da hat man sich mit dem evangelischen Nachbardorf Massenkämpfe geliefert und glaubte dabei noch, den wahren Glauben zu verteidigen. Heute ist so etwas undenkbar. Leider nicht nur, weil christliche Liebe und Toleranz gewachsen wären, sondern mehr noch, weil den meisten jungen Leuten die Konfession gleichgültig geworden ist. Angst vor "Mischehen"? Schon das Wort scheint lächerlich.

Man sollte sich über die teils fragwürdigen Motive der ökumenischen Toleranz keine Illusionen machen. Doch gibt es nicht weniger starke Motive, die aus einem veränderten, genuin christlichen Denken entspringen. Das Zweite Vatikanum griff hier die Tendenz der Zeit auf. Von da an wurde gegen viele Widerstände der Ökumenismus zur offiziellen Haltung der katholischen Kirche.

 

Versöhnte Verschiedenheit
Das hieß zunächst einmal: Versöhnung der Kirchen untereinander. Am Eingang der Kirche in Taizé kann man lesen: „Ihr, die ihr hier eintretet, versöhnt euch..." Damit ist auch die Versöhnung der Kirchen und Konfessionen gemeint.

So kam in den letzten Jahren das Wort von der "versöhnten Verschiedenheit" auf. "Versöhnte Verschiedenheit" sollte das Ziel der Ökumene sein.

Doch so wichtig versöhnte Verschiedenheit ist, man darf nicht bei ihr stehen bleiben. Das Ziel ist nicht versöhnte Verschiedenheit der zahllosen Konfessionen, das Ziel ist vielmehr die eine Kirche, die Christus gewollt hat. Wer die Einheit der Kirche aufgibt, hat das biblische Fundament des Ökumenismus aufgegeben.

 

Trinitarische Kirchentheologie
Wir beten, "dass die Kirche ihr Engagement für die volle und sichtbare Einheit stärkt". Dies wird in einer tiefen Theologie der Kirche begründet: die Kirche ist die "Gemeinschaft der Liebe". Hier spielt der Text der Gebetsmeinung auf die Enzyklika "Deus Caritas est" von Benedikt XVI. an. Der Titel des zweiten Teils dieser Enzyklika spricht von der Kirche "als einer Gemeinschaft der Liebe". 

In jener Gemeinschaft der Liebe spiegelt sich die "Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Dieses tiefe Wort ist eine Anspielung auf ein zentrales Wort der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanums: "So erscheint die ganze Kirche als 'das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk'" (LG 4) - wobei das Konzil ein Wort Cyprians aufnimmt (De Orat. Dom. 23.). - Diese trinitarische Kirchendefinition mag abgehoben erscheinen und den Text unserer Gebetsmeinung ein wenig überfrachten. Dennoch liegt hier das Modell für die Einheit der Kirche. Nicht "versöhnte Verschiedenheit" kann das Ziel der Ökumene sein, sie ist vielmehr eine Durchgangsstufe. Das Ziel ist die Einheit der Kirche nach dem Modell der Einheit von Vater, Sohn und Geist. Wie die drei Personen in Gott als Personen verschieden und doch der eine Gott sind, so soll auch die Kirche nichts Uniformes sein, sondern in vieler Hinsicht verschieden, muss aber dabei eine sichtbare Einheit zeigen, so dass man von einer Kirche sprechen kann, wie man von einem Gott spricht. Dafür beten wir.

 


Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Januar 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 1/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Karl Neumann SVD

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