Allgemeinen Gebetsmeinung - September 2008

01. Sep 2008

Wir beten für alle, die durch Kriege oder Regime gezwungen werden, die eigene Wohnung oder die Heimat zu verlassen, dass sie von den Christen bei der Verteidigung ihrer Rechte unterstützt werden.

Das Recht des Menschen auf Heimat und ein Zuhause
Papst Johannes Paul II. benannte das weltweite Flüchtlingsproblem als "eine schmachvolle Wunde unserer Zeit". Und heute ist diese Wunde trotz unermüdlicher Aktivitäten der Völkergemeinschaft und der Hilfswerke immer noch schmerzlich spürbar und zieht vor allem die ärmsten Länder sehr stark in Mitleidenschaft. Etwa 90% der Flüchtlinge sind in den Ländern der sog. Dritten Welt anzutreffen. Dass jeder Mensch ein Recht auf ein Zuhause und auf eine Heimat hat, wird zwar theoretisch akzeptiert, aber die Wirklichkeit ist für viele immer noch anders. Viele haben über Jahre oder sogar Generationen hinweg eine solche traumatische Erfahrung erlitten, ohne jemals eine andere Lebensweise gekannt zu haben.


Die Folgen von Gewalt und Krieg
Wo Völker aufkommende oder bestehende Konflikte mit Waffengewalt zu lösen versuchen, werden zwangsläufig auch Menschen zur Flucht getrieben, wenn sie versuchen, dem Tod und dem Elend zu entfliehen oder wenn sie von anderen vertrieben werden. Oftmals geht dies mit politischen und wirtschaftlichen Interessen der Mächtigen in eins: Angeblich begründete Besitzansprüche werden gestellt und mit Gewalt durchgesetzt; politische Ideologien finden auch für ungerechte Handlungen die entsprechenden Argumente; wirtschaftliche Interessen werden nur allzu oft - offen oder verdeckt - in den Vordergrund gestellt: Hauptsache ist der Gewinn, das Geschäft. Es ist für mich unbegreiflich und ein Skandal, wie auch wir in Deutschland durch eine florierende Waffenproduktion - die einen enormen Anteil an der weltweiten Produktion darstellt - am Elend und Tod so vieler Menschen mitverantwortlich und mitschuldig sind. Immer wieder weisen Friedensforscher darauf hin, dass in Waffen investiertes Geld zu keinem Frieden führen kann; dass dagegen vermehrte Anstrengungen gemacht und finanziert werden müssten, die Menschen zum Frieden zu erziehen.


Alternative Modelle von Konfliktlösungen
Eine kleine Begebenheit kommt mir in den Sinn: Ein alter Mann sah, wie Kinder aufeinander losgingen und mit Holzwaffen Krieg spielten. Er selbst erinnerte sich an diese schreckliche Zeit, wo er selbst Soldat war und viele Verwundete und Tote zu beklagen waren. Da rief er die Kinder, schaute sie liebevoll an und sagte: "Kinder, warum tut ihr das? Warum spielt ihr nicht lieber Frieden statt Krieg." Da schaute ihn ein Kind verwundert an und antwortete ihm: "Aber wie spielt man denn Frieden?" - Die Kirche hat dieses Problem und die Herausforderung erkannt und dazu auch wichtige konkrete Schritte in dem Dokument "Flüchtlinge - eins Herausforderung zur Solidarität" (2. Oktober 1992) aufgezeichnet. Die Missstände werden darin beim Namen genannt, und die international Gemeinschaft wird aufgerufen, sich für eine Überwindung dieser menschenverachtenden Situation einzusetzen. Es heißt dann weiter, dass es solange Flüchtlinge, also Opfer von Machtmissbrauch, geben wird, wie die Beziehungen zwischen Personen und Nationen nicht auf die echte Fähigkeit bauen, einander in Verschiedenheit uni gegenseitiger Bereicherung anzunehmen.

 

Die engagierte christliche Gemeinde
Als Christen sollten wir deshalb eine innere Unruhe verspüren, wenn wir aufmerksam das Schicksal so vieler Flüchtlinge und Migranten sehen. Erinnern wir uns dabei an die Bergpredigt: Selig die Frieden Stiftenden, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. (Mt 5) Setzen wir uns für diese Menschen ein? Verteidigen wir ihre Rechte, oder tun wir dies erst, wenn es uns selbst oder uns nahe stehende Menschen trifft? Vielleicht kommen wir auch mit dem Argument: Was kann ich als einzelner schon ausrichten? Oder wir als Gruppe, als Kirche haben doch keinen politischen Einfluss; das müssen die Politiker in die Hand nehmen! Aber wir können uns als Christen da nicht heraushalten; wir müssen, ob wir wollen oder nicht, auch politisch darauf reagieren - ebenso die Hierarchie (aber nicht parteipolitisch). Das Gebot der Liebe und der Solidarität nimmt uns in die Pflicht.


Beispiele kirchlicher und nicht religiös gebundener Initiativen
Viele Menschen setzen sich heute - hauptberuflich oder in Freiwilligendiensten - für Flüchtlinge ein. Dieses wirksame Zeichen der Solidarität muss weitergeführt und verstärkt werden. Nur so kann das Gewissen der Nationen nachhaltig berührt und aufgerüttelt werden. Das oben erwähnte vatikanische Dokument führt an einer Stelle aus, dass das oft "heldenhafte apostolische Zeugnis vieler Ordensleute" auf diesem Gebiet für die Kirche eine besondere Freude darstellt. Zusammen mit allen Menschen guten Willens ist die Kirche gut beraten, über alle Konfessionsgrenzen hinweg die Botschaft der Seligpreisungen zu verkünden und zu leben. Wir alle sind eingeladen und aufgefordert, diese Bemühungen - und damit die Flüchtlinge und Migranten selbst - mit unserem Gebet zu unterstützen und uns für die Verteidigung und den Schutz ihrer Rechte einzusetzen.

 

Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung September 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 5/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Heinz Schneider SVD

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