Allgemeinen Gebetsmeinung - Januar 2009

01. Jan 2009

Wir beten für die Familien, dass sie als Orte und Heimat der Erziehung zur Liebe, zur persönlichen Entfaltung und Weitergabe des Glaubens wachsen.

Patient Familie 

Es ist noch gar nicht lange her, da sah man in der Familie ein Auslaufmodell. Wie kann man sich in der heutigen Zeit, wo nichts bleibt, wie es ist, noch für sein ganzes Leben binden und festlegen? Man zog (und zieht) also lockere Bindungen vor. Statt Gattin eine Lebensgefährtin, und statt Lebensgefährtin eine Lebensabschnittsgefährtin. Junge Paare zogen es vor, ohne Trauschein zusammen zu leben. Oder man lebte als Single. In Berlin sind mehr als vierzig Prozent aller Haushalte Single-Haushalte. - Natürlich gelten diese Trends auch noch für die Gegenwart. 

Und man kann sie sogar in gewisser Weise verstehen. Wenn in Deutschland jede dritte Ehe geschieden wird, versteht man, dass sich die jungen Leute dreimal überlegen, bevor sie eine Ehe eingehen.

 

Bald nur noch Stehplätze auf der Erde? 

Wenn das alles schon für die Ehe gilt, dann noch viel mehr, wenn wir die Frage nach den Kindern mit einbeziehen, also für die Familie. Man hat uns vor Jahren eingehämmert, es sei unverantwortlich, mehr als ein, zwei Kinder zu haben. Die Welt sei sowieso schon hoffnungslos überbevölkert. Ich sehe noch die Spiegel-Titel vor mir: „Bald nur noch Stehplätze auf der Erde?", „Das Boot ist voll". Es schien eine Wohltat für die Menschheit zu sein, wenn man aufs Kinderkriegen verzichtete oder nur ein Einzelkind in die Welt setzte. Im Übrigen waren Familien mit Kindern häufig nicht gern gesehen. Sie trugen zu viel Schmutz ins Haus, machten zu viel Lärm. Das haben die ruheliebenden Deutschen gar nicht gern. Ich ging neulich mit einem chinesischen Freund an einem Kinderspielplatz vorbei. Der war ausgezeichnet eingerichtet, aber wir sahen kein Kind spielen. Da sagte der Freund: „In China haben wir wenig Spielplätze, aber viele Kinder. Ihr in Deutschland habt viele gute Spielplätze, aber wenig Kinder. Was ist besser?"

 

Die Katastrophe: Die Deutschen haben zu wenig Kinder 

Auch die Deutschen beginnen, sich diese Frage zu stellen. Sie begreifen, dass sie von diesen Panikmachern hereingelegt wurden. Jedenfalls für Deutschland besteht die drohende Katastrophe nicht in der Überbevölkerung. Ganz im Gegenteil. Die wirkliche und sehr reale Katastrophe sind die fehlenden Kinder. Dadurch wird die Alterspyramide auf den Kopf gestellt. In einigen Jahren werden es immer weniger sein, die im Erwerbsleben stehen und das Geld erwirtschaften müssen. Werden die Renten dann noch sicher sein? Wird Deutschland seine Position als Wirtschaftsland halten können? Und - wird der Anteil der Ausländer, die ja viele Kinder haben, nicht immer höher werden und uns schließlich zu einer Minderheit im eigenen Land machen? So lauten die Befürchtungen. 

Die jetzige Regierung sieht das und versucht, mit Kindergeld, Elterngeld, Ganztagsschulen, verbesserter Kinderbetreuung und anderen Maßnahmen gegenzusteuern, sodass etwa Frauen beruflich tätig sein und trotzdem Kinder haben und betreuen können. Die Familienministerin ist mit ihren sieben Kindern, die sie trotz ihres anstrengenden Berufes erzogen hat, ein gutes Beispiel hierfür.

 

Die Familie ist das beste Heilmittel gegen den Egoismus 

Doch staatliche Hilfe allein genügt nicht. Vater und Mutter sein in der heutigen Zeit ist keine leichte Aufgabe. Aber einem Menschen das Leben zu schenken, ihn wachsen zu sehen und ihm zu helfen, sich zu entfalten - wer nicht spürt, wie faszinierend und zutiefst erfüllend das ist, dem ist auch mit Geld nicht zu helfen. 

Hier kommt der Glaube in den Blick. Wer keinen Glauben hat, warum sollte der dem Partner treu sein bis in den Tod? Warum sollte der das Opfer auf sich nehmen, Kinder großzuziehen, auf die er (anders als in früheren Zeiten) wirtschaftlich nicht angewiesen sein wird? Die Familie ist für die meisten Menschen das beste Heilmittel gegen den Egoismus, die beste Schule der Liebe. Darum sprechen wir auch von einer Berufung zur Ehe, zur Familie.

 

Die Familie hat keine schlechten Karten 

Zwar ist der Glaube in Deutschland nicht gewachsen, doch scheint mir immerhin, dass die Familie heute nicht mehr so leicht als Auslaufmodell betrachtet wird. Man erkennt den Wert fester tragender Bindungen. Auch wenn man ohne Trauschein zusammenlebt: Wenn Kinder kommen oder man Kinder haben will, heiratet man schließlich doch. Nach einer neuen Umfrage möchten die meisten Erwachsenen als Familien leben, auch die Singles empfinden ihren Zustand in der Regel nicht als Idealzustand. Kurz: Die Familie hat keine so schlechten Karten, wie das noch vor zwanzig Jahren scheinen mochte. 

Schließlich möchte ich noch kurz auf den Schluss der Gebetsmeinung eingehen: Die Familie ist der Ort, wo der Glaube an die nächste Generation weitergegeben wird. Wir wissen alle, dass die Weitergabe des Glaubens von den Eltern an die Kinder heute ins Stocken geraten ist. Für viele religiöse Eltern ist es ihr tiefster Kummer, dass die Kinder nicht mehr in die Kirche gehen, dass sie sich gar vom Glauben entfernen. Diese Eltern fragen sich verzweifelt: „Was habe ich nur falsch gemacht?“ Doch im Allgemeinen liegt es nicht daran, dass die Eltern etwas falsch machten. Junge Menschen sind dem Fahrtwind der Zeit viel stärker ausgesetzt als wir Älteren, und sie sind zugleich offener für alles Neue, Gutes und Schlechtes. Und wer wollte leugnen, dass der Fahrtwind unserer Zeit für uns Gläubige kein Rückenwind ist, sondern uns heftig ins Gesicht bläst. 

Beten wir für die Jugendlichen, beten wir für die Familien!

 


Karl Neumann SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Januar 2009 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 1/2009, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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