Allgemeinen Gebetsmeinung - August 2009

01. Aug 2009

Wir beten für die Vertriebenen und Heimatlosen in aller Welt, dass sie in der Weltöffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit erfahren und im gemeinsamen Bemühen Lösungen für ihre schmerzende Notlage gefunden werden.

Heimatvertriebene in Deutschland 

An was denken Sie, wenn Sie von Flüchtlingen und Vertriebenen hören? Ich glaube, für uns Ältere ist das gar keine Frage: Mir z.B. steht das Bild vor Augen, wie nach dem Krieg die Flüchtlinge aus Ostpreußen in unser kleines Hunsrückdorf kamen. Jede verfügbare Wohnung musste für sie frei gemacht werden, aber sie kamen alle irgendwie unter. Es war für das vom Krieg zerbombte Deutschland eine Meisterleistung, obwohl man selbst nichts hatte, doch Millionen von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aufzunehmen und in die Gesellschaft zu integrieren. Die Arbeit der Flüchtlinge trug dann auch viel zum sogenannten „deutschen Wirtschaftswunder" bei.  

Wenn heute wieder viel von der damaligen Vertreibung und Flucht geredet wird, darf man nie vergessen, dass die Polen, die damals in das ehemals deutsche Schlesien und Ostpreußen einzogen, selbst Vertriebene waren: Ihnen hatte man genauso wie den Deutschen ihre Heimat genommen - im Osten Polens.

 

Boat people in Vietnam 

Ein zweites Bild steigt auf, wenn ich an Flüchtlinge denke. Kleine Boote, vollbepackt mit Menschen, treiben auf dem südchinesischen Meer. Es sind vietnamesische Flüchtlinge, die vor dem Krieg oder dem kommunistischen Terror fliehen. Einer (er ist jetzt Seminarist) erzählte mir, wie er aus dem kommunistischen Arbeitslager ausbrechen konnte, dann mit einem Boot, in das achtzig Personen gepfercht waren, tagelang auf dem Meer trieb, bis sie ein Schiff aufnahm und auf die Philippinen brachte.  

Der Deutsche Rupert Neudeck hatte einen Frachter zum Hospitalschiff umgebaut und nannte es „Cap Anamur". Die „Cap Anamur" kreuzte im südchinesischen Meer und rettete mehr als 10 000 vietnamesische Flüchtlinge, die sogenannten boat people.

 

Kontinent der Flüchtlinge: Afrika 

In der jüngsten Vergangenheit flüchteten Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, besonders aus Bosnien und dem Kosovo, und Deutschland nahm mehr davon auf als jeder andere EU-Staat. Heute liegt das Flüchtlingsproblem eher im Nahen Osten (etwa 2 Millionen Iraker flohen seit dem letzten Golfkrieg aus ihrem Land), in Lateinamerika (z.B. in Kolumbien, wo das politische Chaos herrscht), vor allem aber in Afrika. Etwa ein Fünftel der weltweiten Flüchtlingsbevölkerung und etwa die Hälfte der weltweit 25 Millionen intern (innerhalb eines Landes) Vertriebenen lebt in Afrika. Doch was sagen schon diese trockenen Zahlen! Das Flüchtlingselend in Afrika ist unbeschreiblich, und es geht uns nur deswegen so wenig unter die Haut, weil die Medien so wenig darüber berichten - von Darfur einmal abgesehen. Was berichtet wird, ist immer wieder der Ansturm afrikanischer Flüchtlingsboote auf die „Festung Europa" und wie wir uns vor solch unwillkommenen Eindringlingen schützen können. Aber weitaus die meisten afrikanischen Flüchtlinge bleiben in Afrika und werden von afrikanischen Staaten aufgenommen.  

Im Einzelnen: Immer noch leben Unmengen der nach dem Völkermord in Ruanda Geflüchteten im Osten des Nachbarlandes Kongo (Demokratische Republik Kongo). Sie leben in Flüchtlingslagern, aber auch dort sind sie nicht sicher. 400 000 sind auf der Flucht vor der Gewalt marodierender Rebellengruppen.

 

Trauriger Rekord: der Sudan

Und schließlich das Land mit den schlimmsten Gräueln: der Sudan. Er hält einen traurigen Rekord: dort gibt es weltweit die meisten Binnenflüchtlinge, also Flüchtlinge im eigenen Land. Es sollen sechs Millionen Menschen sein. War es vor Jahren noch der Bürgerkrieg zwischen dem arabisch-muslimischen Norden und dem schwarzafrikanisch-christlichen Süden, der sich weigerte, sich stets vom Norden beherrschen zu lassen und sich das muslimische Recht (die Scharia) aufzwingen zu lassen, so ist es heute vor allem die Region Darfur. Hier behandeln arabische Reitermilizen die schwarzafrikanische muslimische Bevölkerung wie Freiwild. Die Vereinten Nationen schätzen, dass bisher rund 200 000 Menschen ums Leben kamen. Die Regierung in Khartum tut kaum etwas dagegen, denn Milizen und Regierung stecken unter einer Decke.  

Die Menschen lassen ihre Dörfer und Felder im Stich und fliehen zu Hunderttausenden. Sie fliehen in eine wüstenähnliche Gegend an der Grenze zum Tschad, z.T. auch über die Grenze in den Tschad. Dort sind sie auf die Hilfe der Vereinten Nationen angewiesen, die aber von Regierungsseite auf alle mögliche Weise behindert wird. - Am 4. März 2009 hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen den Staatschef des Sudan erlassen - ein einmaliger Fall für einmalige Verbrechen!

 

 

Karl Neumann SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung August 2009 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 4/2009, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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