Allgemeinen Gebetsmeinung - Oktober 2009

01. Okt 2009

Wir beten für die Erneuerung des christlichen Sonntags, dass die Christen ihn wieder als Tag der Gemeinschaft entdecken, sich um das Wort des Herrn versammeln und gemeinsam am Tisch des Herrn sein Erlösungswerk feiern.

Es geht in dieser Gebetsmeinung um das christliche Verständnis des Sonntags. Darüber nachzudenken, hat Papst Johannes Paul II. 1998 im Apostolischen Schreiben „Über die Heiligung des Sonntags (Dies Domini - DD)" angeregt. Die Gebetsintention für diesen Monat möchte offensichtlich seine Hauptgedanken zum Inhalt unseres Gebetes machen.  

Versammlung, Auferstehung des Herrn und Eucharistiefeier sind die drei Schlüsselworte. Darin wird ein Kernsatz der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils aufgegriffen, dass am Sonntag „die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen." (vgl. 1 Petr 1,3; SC 106) 


I. Sonntag als Tag der Versammlung  

Der Sonntag ist der „Tag der Versammlung des Gottesvolkes" (DD 36), der Tag, an dem Christen sich versammeln. Schon in der Apostelgeschichte heißt es: „Als wir am ersten Tag der Woche versammelt waren, um das Brot zu brechen, redete Paulus zu ihnen..." (Apg 20,7)

Alle, die die Gnade der Taufe empfangen haben, sind nicht nur einzeln, sondern als Glieder des mystischen Leibes gerettet worden und gehören so zum Volk Gottes. Dies wird mehrfach biblisch begründet: „Es ist daher wichtig, dass sie sich versammeln, um die Identität der Kirche als ekklèsia, als vom auferstandenen Herrn zusammengerufene Versammlung, vollgültig zum Ausdruck zu bringen: der Herr hat sein Leben hingegeben, „um die versprengten Kinder Gottes wieder zu sammeln" (Joh 11,52). Durch die Gabe des Geistes sind sie „einer" geworden in Christus (vgl. Gal 3,28). Äußerlich tritt diese Einheit eben dadurch in Erscheinung, dass sich die Christen versammeln: Dabei bezeugen sie vor der Welt, dass sie das Volk der Erlösten sind, das sich aus „Menschen aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern" (Offb 5,9) zusammensetzt. In der Versammlung der Jünger findet das Bild von der christlichen Urgemeinde seine zeitliche Verewigung, wie es die Apostelgeschichte mit beispielhafter Absicht gezeichnet hat: „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten." (Apg 2,42; DD 31).

Gedanken der Konzilsdokumente über die Kirche (LG 4) und die Liturgie (SC 26) aufgreifend wird als weiterer theologischer Grund die Verwurzelung des Sakramentes der Einheit im Leben der Dreifaltigkeit angegeben: „Die sonntägliche Versammlung ist ein vorzüglicher Ort der Einheit: Denn hier wird das Sakrament der Einheit gefeiert, das zutiefst das Wesen der Kirche als Volk kennzeichnet, das `von' und `in' Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes versammelt ist." (DD 36).  

Daher hat die sogenannte „Lehre der zwölf Apostel" (Didaskalie) im 3. Jahrhundert dazu aufgefordert: „Lasst alles am Tag des Herrn und eilt voll Eifer zu eurer Versammlung, denn sie ist euer Lobpreis für Gott. Welche Entschuldigung werden andernfalls jene vor Gott haben, die am Tag des Herrn nicht zusammenkommen, um das Wort des Lebens zu hören und sich von der ewig währenden göttlichen Speise zu nähren." (DD 46)  

Lobpreis Gottes, genährt werden am Tisch des Wortes und des eucharistischen Brotes: darum die Versammlung, die es der ganzen Gemeinde weiterhin gestattet, „die abgelaufene Woche mit ihrer ganzen menschlichen Last vor den Altar zu tragen" und so „das Leben der Gläubigen, ihren Lobpreis, ihr Leiden, ihr Gebet und ihre Arbeit" mit denen Christi und mit seiner Ganzhingabe zu vereinigen. (DD 43) 


II. Sonntag als Tag der eucharistischen Versammlung  

Die eucharistische Versammlung ist das Herz des Sonntags und steht im Mittelpunkt des Lebens der Kirche. (DD 32; KKK 2177)  

Der Zweck der Versammlung ist die Feier der Eucharistie, der dankbaren Erinnerung und Antwort: „Die wöchentliche Wiederkehr des Sonntags legt nahe, in dankbarer Erinnerung die Ereignisse der vergangenen Tage aufzugreifen, sie im Lichte Gottes neu zu bedenken und ihm für seine zahllosen Gaben zu danken, indem wir ihn `durch Christus, mit Christus und in Christus, in der Einheit des Heiligen Geistes' preisen." (DD 42)  

Sie ist gleichzeitig „die Antwort der Christen auf das, was Gott getan hat". Daher „ist wichtig, uns an diesem Tag zu besinnen und zur Ruhe zu kommen, damit wir entdecken, wofür wir zu danken haben". (Den Sonntag feiern, Gemeinsames Wort der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD, 1984.)  

In der sonntäglichen Versammlung zur Eucharistiefeier sind wir eingeladen zur Teilnahme an den beiden Tischen des Wortes Gottes und des Brotes des Lebens. „Der erste Tisch gibt jenes Verständnis der Heilsgeschichte und besonders des Paschamysteriums weiter, das der auferstandene Jesus den Jüngern vermittelt hat: Es ist er, der spricht, der in seinem Wort gegenwärtig ist, `wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden'." (60)  

„Beim zweiten Tisch verwirklicht sich die reale, substantielle und dauernde Gegenwart des auferstandenen Herrn durch das Gedächtnis seines Leidens und seiner Auferstehung mit der Darbringung jenes Brotes des Lebens, das Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit ist." (DD 39)  

Die „liturgische Verkündigung des Wortes Gottes, vor allem im Rahmen der Eucharistiefeier, ist nicht nur ein Augenblick der Erbauung und Katechese, sondern das Gespräch Gottes mit seinem Volk, ein Gespräch, in dem diesem die Heilswunder verkündet und immer wieder die Ansprüche des Bundes vor Augen gestellt werden. Das Volk Gottes seinerseits fühlt sich aufgerufen, diesen Dialog der Liebe durch Dank und Lobpreis, aber gleichzeitig dadurch zu erwidern, dass es in dem Bemühen um eine ständige `Umkehr' seine Treue nachweist". (DD 41)  

„Es ist tatsächlich von grundlegender Bedeutung, dass sich jeder Glaubende davon überzeugt, weder seinen Glauben leben noch am Leben der Gemeinschaft teilnehmen zu können, wenn er sich nicht vor allem durch die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier vom Wort Gottes und vom eucharistischen Brot nährt." (DD 81) 


III. Der Sonntag als Tag der Auferstehung  

„Der Sonntag ist die Feier der lebendigen Gegenwart des Auferstandenen inmitten der Seinen." (DD 31) Die sonntägliche eucharistische Versammlung um den Tisch des Wortes und des Brotes wird zur Begegnung mit dem Auferstandenen, wie das Lukasevangelium sie von den Emmausjüngern erzählt. Christus gesellte sich ihnen auf dem Weg zu, „um sie an das Verständnis des Wortes heranzuführen und sich schließlich mit ihnen zu Tisch zu setzen. Sie erkannten ihn, als er `das Brot nahm, den Lobpreis sprach, das Brot brach und es ihnen gab'. (Lk 24,30; DD 33)  

„Im Wochenrhythmus erinnert der Sonntag an den Tag der Auferstehung Christi. Er ist das wöchentliche Ostern, an dem der Sieg Christi über Sünde und Tod, die Vollendung der ersten Schöpfung in ihm und der Anbruch der `neuen Schöpfung' (vgl. 2 Kor 5,17) gefeiert wird." (DD 1)  

„Was Gott in der Schöpfung geschaffen und was er für sein Volk im Exodus vollbracht hat, ist im Tod und in der Auferstehung Christi zur Vollendung gekommen, auch wenn sein endgültiger Ausdruck erst in der Parusie, mit der Wiederkunft Christi in Herrlichkeit, offenbar werden wird." (DD 18)  

Das christliche Denken gelangte spontan dahin, die `am ersten Tag der Woche' geschehene Auferstehung mit dem ersten Tag jener kosmischen Woche (vgl. Gen 1,1-2,4) in Verbindung zu bringen, nach welcher das Buch Genesis das Schöpfungsgeschehen einteilt: der Tag der Erschaffung des Lichtes (vgl.1,3-5). Dieser Zusammenhang legte es nahe, die Auferstehung als den Beginn einer Neuschöpfung zu verstehen, deren Erster der verherrlichte Christus ist, `der Erstgeborene der ganzen Schöpfung' (Kol 1,15), aber auch `der Erstgeborene der Toten'. (Kol 1,18; DD 24)  

„Die Auferstehung Jesu ist das Ursprungsereignis, auf dem der christliche Glaube beruht (vgl. 1 Kor 15,14)... Sie ist ein wundervolles Ereignis, das sich nicht nur auf absolute Weise in der Geschichte der Menschen auszeichnet, sondern im Zentrum des Geheimnisses der Zeit steht"... (DD 2)  

„Der Sonntag ist der Tag der Auferstehung, er ist der Tag der Christen, er ist unser Tag." (Hieronymus) Der Sonntag ist in der Tat für uns Christen der 'Ur-Feiertag'. (SC 106)  

„Diese enge Verbindung des Sonntags mit der Auferstehung des Herrn wird von allen Kirchen, im Westen wie im Osten, nachdrücklich betont. Besonders in der Tradition der Ostkirchen wird jeder Sonntag als anastàsimos hemèra, Auferstehungstag, (DD 18) begangen und ist auf Grund dieses seines Charakters der Mittelpunkt des ganzen Kultes." (DD 19)  

„Wenn der Sonntag der Auferstehungstag ist, so ist er nicht nur das Gedächtnis eines Ereignisses der Vergangenheit: Er ist die Feier der lebendigen Gegenwart des Auferstandenen inmitten der Seinen." (DD 31)  

Wie die ersten Zeugen der Auferstehung, so sind die Christen, die jeden Sonntag zusammengerufen werden, um die Gegenwart des Auferstandenen zu erleben und zu bekennen, dazu berufen, in ihrem Alltagsleben zu Glaubensverkündern und Zeugen zu werden. Das Schlussgebet nach der Kommunion und der Schlussteil - Segen und Entlassung - müssen in dieser Hinsicht wiederentdeckt und besser bewertet werden, damit alle, die an der Eucharistie teilgenommen haben, sich tiefer der für sie daraus folgenden Verantwortung bewusst werden. Nach dem Auseinandergehen der Versammlung kehrt der Jünger in sein normales Umfeld mit der Verpflichtung zurück, sein ganzes Leben zu einem Geschenk, zu einem geistlichen Opfer zu machen, das Gott gefällt. (vgl. Röm 12,1; DD 45)

 

Ludger Feldkämper SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Oktober 2009 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 5/2009, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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