Allgemeine Gebetsmeinung September 2011

September 2011

Für die Lehrer und Lehrerinnen, dass es ihnen gelingen möge, die Liebe zur Wahrheit zu entfachen und moralische und spirituelle Werte zu vermitteln.

P. Dr. Karl Neumann SVD

Im Münchner Studentenviertel Schwabing gibt es eine gemütliche Kneipe, die heißt: „Zum Lehrer Lämpel“. Der Name spielt natürlich an auf die Figur des „Lehrer Lämpel“ in Wilhelm Buschs zeitlosem Bestseller „Max und Moritz“. Da steht er vor uns, der Lehrer alter Schule, in stocksteifer Haltung, den Zeigefinger belehrend erhoben. Er reizte förmlich dazu, ihm einen Streich zu spielen, und das besorgten Max und Moritz nicht zu knapp. Was Max und Moritz wirklich taten, davon wagten die meisten anderen Schüler nur zu träumen, denn der Lehrer war eine absolute Respektsperson. Er gehörte, zusammen mit dem Pfarrer und dem Apotheker, zu den Honoratioren des Dorfes. Durch Prügelstrafe wusste er seiner Autorität Nachdruck zu verschaffen. Dass er die Ungehorsamen züchtigen durfte, war von allen akzeptiert.

 

Ausbildung statt Bildung

Viele von den Älteren haben diese Zeit noch miterlebt, aber wie fern ist sie uns geworden. Heute wird ein Lehrer, der seine Schüler prügeln würde, strafrechtlich verfolgt, und die heile Welt des Dorfes mit Lehrer, Pastor und Apotheker gehört längst der Vergangenheit an. Die Schulen wurden immer mehr an zentralen Orten zusammengelegt. Dadurch wurde z. B. in den naturwissenschaftlichen Fächern ein besserer Unterricht möglich, aber es hatte auch zur Folge, dass der Lehrer seine Schüler immer weniger kannte und ein persönliches Verhältnis immer weniger möglich war. Bildung wurde auf Ausbildung reduziert – nicht nur wegen der oben erwähnten Sachzwänge, sondern auch, weil man die Aufgabe des Lehrers nicht in der Vermittlung von Werten, sondern in der Wissensvermittlung sah.
Diese Einseitigkeit wird heute gesehen. Wer die Mittel dazu hat, schickt seine Kinder oft auf Privatschulen, damit sie dem Massenbetrieb der öffentlichen Schulen entgehen und individuell gefördert werden können. Auch an den öffentlichen Schulen selbst versucht man die Klassenstärken zu reduzieren.
Nur genügen diese Maßnahmen und guten Einsichten leider nicht, wenn es an den geeigneten Lehrern und Lehrerinnen mangelt. Ein Lehrer, der selbst keine Werte verkörpert, kann auch keine Werte vermitteln. Wenn die Lehrer und Lehrerinnen „die Liebe zur Wahrheit `entfachen und moralische und spirituelle Werte´ vermitteln“ sollen (Gebetsmeinung), dann geht das nur, wenn sie selbst die Wahrheit schätzen und nach moralischen und spirituellen Werten leben. Doch wo gibt es heute die Lehrer, die in diesem Sinn Persönlichkeiten sind?

 

Mein Lehrer

Ich selbst hatte das Glück, in den Jahren der Volksschule einen solchen Lehrer zu haben. Man sah ihn auch an jedem Werktag in der Kirche knien und an der heiligen Messe teilnehmen. Doch er war weiß Gott kein Frömmler. Er kam aus einem bäuerlichen Elternhaus und verstand von Landwirtschaft so viel, dass er den Bauern im Dorf Ratschläge geben konnte. Es war damals die Zeit, wo die Flüchtlinge in unser kleines Hunsrückdorf kamen. Es waren Flüchtlinge aus Ostpreußen, und alle waren evangelisch, während wir ein rein katholisches Dorf waren. Doch der Lehrer sorgte dafür, dass die Flüchtlingskinder gut aufgenommen wurden, dass sie über ihren evangelischen Glauben genauso berichten konnten wie wir über unseren katholischen, kurz: dass eine ökumenische Offenheit entstand – bereits lange vor dem Konzil. Ein anderer Aspekt seiner Offenheit war die europäische Vereinigung, die in jenen Jahren grundgelegt wurde. Wir schrieben damals begeisterte Aufsätze über das vereinte Europa – mit Gedanken, die wir in der Schule gehört hatten.

Dieser Lehrer war es auch, der mir empfahl, in einem Steyler Missionshaus um Aufnahme zu bitten. Er selbst war in diesem Missionshaus gewesen und schätzte es sehr. So kann ich sagen, dass ich durch diesen Lehrer meine Berufung gefunden habe.

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