Allgemeine Gebetsmeinung - August 2013

August 2013

Wir beten für Eltern und Lehrer: sie mögen die Jugend zu einer verantwortungsvollen Lebensgestaltung führen.

Frt. Severin Parzinger SVD

Wort Gottes:
Das Wort des Herrn erging an Jeremia: „Mach dich auf und geh zum Haus des Töpfers hinab! Dort will ich dir meine Worte mitteilen.“ So ging ich zum Haus des Töpfers hinab. Er arbeitete gerade mit der Töpferscheibe. Missriet das Gefäß, das er in Arbeit hatte, wie es beim Ton in der Hand des Töpfers vorkommen kann, so machte der Töpfer daraus wieder ein anderes Gefäß, ganz wie es ihm gefiel. Da erging an mich das Wort des Herrn: „Kann ich nicht mit euch verfahren wie dieser Töpfer, Haus Israel? Spruch des Herrn. Seht, wie der Ton in der Hand des Töpfers, so seid ihr in meiner Hand.“ (Jer 18,1-6)


Die Szene habe ich noch genau vor mir: Es war in Bolivien in einem weit abgelegenen Dorf. Im kühlfeuchten Nachmittagsschatten im lichten Sumpfwald, unter einem einfachen Strohdach saß eine alte, gebrechliche Frau, tief konzentriert auf ihre Arbeit mit dem nassen Lehm. Sie knetete den Ton immer weiter und nach und nach formte sie mit beeindruckender Geschicklichkeit ein wunderbares Gefäß. Erst als ich ihr ein freundliches „buenas tardes, Señora“ wünschte, sah sie auf. Mein Blick fiel auf die langen Reihen fertiger Schüsseln, Tassen, Vasen, Töpfe und Tassen, die im Schatten trockneten. Jedes Gefäß hatte eine ganz eigene Form. Die Rundungen waren bei jedem anders, ganz unterschiedlich, kreativ, zweckmäßig, künstlerisch, einzigartig. „Willst du auch mal?“, fragte mich die Alte mit brüchiger Stimme und drückte mir einen Klumpen klebrigen Tons in die Hand. Als ich nach längeren, verzweifelten Versuchen, den Ton in die richtige Form zu bringen, aufgab, verriet sie mir ihr Geheimnis: „Das Entscheidende beim Töpfern ist, den Hohlraum zu gestalten. Und der steckt schon im Tonklumpen drin, von Anfang an. Den musst du erspüren und herausarbeiten. Das ist die Kunst, auf die es ankommt!“ 

„Seht, wie der Ton in der Hand des Töpfers, so seid ihr in meiner Hand.“ Es ist eines der Urbilder, Lehrer und Erzieher mit einem Töpfer zu vergleichen, der die Kinder und Jugendlichen gleich dem Ton mit zärtlicher, aber bestimmter Hand formt und modelliert. Und es ist auch das Bild, mit dem der Prophet Jeremia die Beziehung Gottes zum Menschen beschreibt. Denn auch er wusste: Beziehung ist Hohlraumgestaltung, Erziehung heißt, eines jeden Menschen individuelle Form wachsen zu lassen. Allein im geschützten (Hohl-)Raum kann der Mensch seine volle Individualität und Identität entfalten. Nur die Öffnung macht es möglich, von Gott geschenkte Gaben, Talente und Fähigkeiten anzunehmen und für andere zur Verfügung zu stellen. Es braucht tiefes Vertrauen, sich wie ein Klumpen Ton in die Hände Gottes zu geben und sich immer wieder neu formen zu lassen durch seine liebende und kraftvolle Hand. Er weiß, welche Form für uns die richtige ist; er knetet in uns den entscheidenden Hohlraum hinein, um offen zu sein für seinen Geist und für die Menschen; er gibt unserm Leben die nötigen Rundungen, Griffe und Stützwände, damit wir zu einem brauchbaren Gefäß werden. Gott formt unsere Identität wie kein anderer, er ist der wirkliche Töpfermeister. Als Eltern, Erzieher und Lehrer dürfen wir an diesem großartigen Töpferwerk mitgestalten und jungen Menschen helfen, ihre je einzigartige Form und ihren eigenen Hohlraum zu entdecken und zu modellieren, auf dem Weg hin zu einem verantwortungsbewussten Lebensstil. Formkorrekturen und Neuanfänge gehören dabei auf allen Seiten immer wieder dazu. 

Und nicht zuletzt scheint mir dies auch das Grundanliegen unserer Ordensgelübde zu sein: einen – vielleicht manchmal schmerzlichen – Hohlraum zu formen, dass Gott und die Mitmenschen darin Platz haben.

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Facebook und Youtube welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen