Oktober 2014
Schenke allen Menschen und den Staaten der Erde wo Krieg, Gewalt und Ausbeutung herrschen, Frieden und Wohlergehen.
Das Gebet um Frieden und Wohlergehen ist angemessen und selbstverständlich, es wird in unserer Welt leider auch nicht an einen Endpunkt kommen, an dem es nicht mehr notwendig wäre, um diese Gnadengüter zu beten. Insofern gibt es auch kaum etwas zu sagen zu dieser Gebetseinladung – sie gilt immer und für alle Tage, fast gegen alle Hoffnung. Dennoch steht auch sie natürlich in einem Kontext.
„Selig, die Frieden stiften“, lautet die Anweisung Jesu an seine Jüngerinnen und Jünger (Mt 5,9). Gerade heute und in unserem Umfeld macht uns allerdings jede Nachrichtensendung klar: Jeder Mensch, der sich um das Friedensstiften kümmern will, findet sich wie ein Unschuldslamm mitten unter den Wölfen wieder – auch das ein Charakterzug der Nachfolge (Lk 10,3). So verfahren und komplex, wie sich die Situationen von Krieg und Frieden, von Gewalt und Ausbeutung heute darstellen, ist es für die Friedens-Lämmer überhaupt nicht klar, wohin sie sich wenden sollen – und auch die Wölfe wissen schon lange nicht mehr ein oder aus.
Denn das ist ja der „Krieg“ heute: Höchst professionell ausgebildete und trainierte Krieger massakrieren mit modernster Technologie eine wehrlose zivile Bevölkerung, vor allem Frauen und Kinder, die nicht davonlaufen konnten, meistens noch aus sicherer Entfernung und per Knopfdruck. Wenn es tote Soldaten zu beklagen gibt, sind sie oft Opfer der eigenen Kugeln, weil sie „leider“ von ihren eigenen Kollegen verwechselt und erschossen werden.
Die Politiker im Hintergrund erscheinen auf unseren Bildschirmen und beteuern ihre Sehnsucht und ihr Engagement für verhandelte und friedfertige Lösungsversuche. Aber gleichzeitig müssen sich diese offiziellen Friedensstifter doch auch Gedanken machen (mit ernster Mine und sorgengefalteter Stirn), wem man denn in der gegebenen Situation doch welche Waffen übergeben muss – zum Schutz und eigentlich für den Frieden, natürlich. Zum Schutz vor allem der eigenen Industrie und Waffengeschäfte. Irgendwie wird es als peinliche Panne ausgegeben, wenn die modernsten Waffenlager der legitimen Autorität „leider“ in die Hände von Terroristen fallen (siehe IS und die Armee im Irak). Handfeste Lügen und schamloses Falschspiel bei den Verhandlungen der Politiker für den Frieden lassen schon lange niemanden mehr erröten: „Wie Lämmer unter Wölfen“, wer hier noch davon träumt, es könnte wirklich einmal Frieden geben und in diese Richtung betet.
Was würde es denn für unsere grundsätzlich am Frieden interessierten Gesellschaften heißen, wenn sie die Waffenindustrien und ihre Waffengeschäfte tatsächlich völlig aufgäben? Keine Regierung wagt sich an solche Überlegungen finanzieller und arbeitsmarktbezogener Natur, zu gut floriert das Geschäft und die Produktion des Todes, selbstverständlich im Rahmen des Gesetzes.
Wie soll sich der Beter vorstellen, dass dieses Gebet um Frieden und Wohlergehen funktioniert? Was soll da Gott machen? Was der Beter? Bin ich als Beter in der Gesellschaft von Lämmern oder gar von Wölfen (die Erinnerung an die Gebetsmomente der Regierung von Präsident Bush will nicht schwinden)?
Bleibt die Hoffnung (gegen jede Wahrscheinlichkeit: Röm 4,18), doch als Kind Gottes in unserer Welt zu wirken: „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“ (Mt 5,9).