Missionsgebetsmeinung des Papstes - Mai 2015

Mai 2015

Wir beten zu Gott, unserem Vater, dass Marias Fürsprache den Christen helfe, in säkularisierten Kulturen bereit zu sein, Jesus zu verkünden.

P. Jean-Prosper Agbagnon SVD, Togo

Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht“ (2 Tim 4,2), aber bemühe dich dabei um den richtigen Ton.

Es geschah an einem Mittwochabend vor meinen Augen.
Vor gut drei Monaten besuchte ich mit einem Mitbruder „Il Marchese“. „Il Marchese“ ist ein Lokal auf dem Brüser Berg in Bonn, wo verschiedene Weinsorten, Delikatessen und Feinkost geboten werden. Obwohl ich immer wieder Gemeindemitgliedern begegne, gehe ich ungern dorthin. Es stört mich unheimlich, dass sie nicht zum Gottesdienst kommen.

An diesem Mittwoch nach der Abendmesse begab ich mich mit dem Mitbruder in dieses Lokal. Dort trafen wir zufällig Joachim, ein Gemeindemitglied, und kamen mit ihm ins Gespräch. Er schilderte ein Familienproblem, das ihn seit Wochen beschäftigte. Während ich mich zurückhaltend verhielt, hörte mein Mitbruder genau zu und versuchte Joachim einige Tipps zu geben. Plötzlich strahlte Joachim vor Freude. Er war erleichtert und rief vor lauter Begeisterung: „Das werde ich zuhause meiner Frau sofort mitteilen. Das ist wirklich die beste Art und Weise mit diesem Problem umzugehen.“ Ich war überrascht. Offensichtlich hat mein Mitbruder den richtigen Ton getroffen. Er ist nicht nur Priester und Theologiedozent, selbst mit Kindererziehung kennt er sich auch noch aus.

Seit diesem Abend entstand eine Freundschaft zwischen Joachims Familie und diesem Mitbruder: Sie tauschen sich immer wieder über den Glauben aus. Wie ein Wunder sehe ich Joachim wieder regelmäßig mit seiner Familie in der Kirche. Mein Mitbruder hat dazu beigetragen. Er war am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt und hat den richtigen Ton getroffen: in einem Weinlokal. Wie sehr wünsche ich mir, dass er das öfter tut!

Bei der Debatte um die Neuevangelisierung geht es immer wieder um die Fragen: Wo, wann und wie hole ich die Menschen ab? Welcher Sprache bediene ich mich? Wie finde ich den passenden Ton, um die tröstende, befreiende, Mut machende, ja mahnende Frohbotschaft zu vermitteln? Letztendlich geht es um die Frage: Wie entdecke ich die Bedürfnisse der Menschen und wie reagiere ich darauf? Erfahrene Missionare mahnen immer wieder: es kommt nicht so sehr darauf an, was man sagt, schon eher wie man es sagt: selber dabei sein ist das Wichtigste. Und man muss nicht sofort mit Bibel und Gott anfangen, sondern mit dem, was den Menschen bewegt. Und manchmal genügt das Zuhören und ein mitfühlendes Wort. Darauf kommt es an. In einer Gesellschaft, wo der Einfluss der Säkularisierung immer stärker zunimmt, scheint sogar die Freizeitgestaltung dem körperlichen und seelischen Wohlbefinden mehr zu bieten als manche Gottesdienstfeiern. Während Fußballstadien, Tanzhalle, Kinos und Konzertsäle brechend voll werden, stoßen die Pastoralangebote auf immer weniger Interesse. Das ist eine bittere Realität. Immer tiefer schmerzt der Rückgang des täglichen und vor allem sonntäglichen Kirchenbesuches. Kreative Gestaltungsformen der Verkündigung sind mehr denn je gefragt. Dennoch: neue Pastoralansätze hin, Strukturreformen her, jede zwischenmenschliche Begegnung kann durch „mich“ zur Christusbegegnung werden und zur Evangelisierung beitragen. Die Begegnung mit Joachim in „Il Marchese“ auf dem Brüser Berg ist ein Beispiel dafür. Es mag vielleicht wie ein Tropfen Wasser auf heißem Stein erscheinen, aber es kann geradezu zum Anfang eines reichen Regens werden. Wie etwas aufwächst und Früchte trägt, entspricht nicht immer menschlichen Mühen, sondern liegt in Gottes Händen. Offen für Begegnungen sein, zuhören, und den richtigen Ton treffen, darauf kommt es an: sei es im Fußballstadion, am Arbeitsplatz, in der Disco oder im Weinlokal etc. Die Begegnung, das Gespräch und die Tipps im Weinlokal haben den Glaubensfunken in Joachim und seiner Familie wiederentzündet. Wie Joachim sind viele Menschen auf der unausgesprochenen Suche nach offenen Ohren und sehnen sich innerlich nach Aufmerksamkeit. Wie mein Mitbruder kann sich jeder Getaufte um die Offenheit für eine solche Begegnung, das Zuhören und den richtigen Ton bemühen, - Gott tut dann das Übrige.

Mit Papst Franziskus bitten wir um Mut und Ausdauer für alle, die sich in säkularisierten Gegenden um die Verkündigung der frohmachenden Botschaft Jesu bemühen. Möge Maria, Mutter des Herrn und Fürsprecherin der Menschen, die Bereitschaft aller Getauften stärken, sich selber zu Christus zu bekennen und auch anderen den Weg zu ihm zu ebnen.


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