Allgemeine Gebetsmeinung des Papstes - Oktober 2016

Oktober 2016

Wir beten zu Gott unserem Vater, für alle Medienschaffende, dass sie durch ihre Arbeit motiviert werden, der Wahrheit zu dienen und für die Würde eines jeden Menschen einzutreten.

Simone Nefiodow, Dipl. Theologin

Dass die Wahrheit zu sagen einem Nachteile bringen kann, das hat vermutlich jeder schon erlebt. Es ist leider eine verbreitete Doppelmoral, einerseits Lügner zu verachten, andererseits diejenigen, die unbequeme Wahrheiten aussprechen, anzufeinden. 

Aber dass die Wahrheit einem das Leben kostet? Dass ein Journalist oder eine Journalistin brutal ermordet wird, weil er oder sie zum Beispiel ein paar unbequeme Fakten über einen Konzern veröffentlich hat? Wir Christen haben durch unsere Geschichte und unsere Märtyrer vielleicht mehr Verständnis für einen Menschen, der um der Wahrheit willen sogar sein Leben riskiert. Daher sollten wir, wie unser Papst uns bittet, ganz besonders für die Journalisten beten, die genau das tun. Es handelt sich dabei zwar um eine vergleichsweise kleine Gruppe von Menschen, aber ihre Verantwortung ist enorm. Was die Journalisten veröffentlichen, prägt ganz entscheidend unser Bild und unsere Meinung. Sie sind es, die durch ihre Berichterstattung etwas verändern können. Nehmen wir beispielsweise den Vietnamkrieg: es ist vor allem der kritischen Berichterstattung der Medien zu verdanken, dass dieser Krieg beendet wurde. Oder gehen wir 80 Jahre in die Vergangenheit, als die Medien von einem diktatorischen Staat kontrolliert wurden und diese einseitig kontrollierten Berichte ein ganzes Land aufhetzen konnten. Oder nehmen wir den Pädophilenskandal in der katholischen Kirche in Amerika: wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugegeben, dass ohne die Medien wahrscheinlich bis heute noch immer alles vertuscht würde. Ja, es waren schreckliche und zutiefst beschämende Berichte, die über unsere Kirche veröffentlicht wurden. Aber es war die Wahrheit. 

Journalisten, die in diktatorisch geführten Ländern leben, müssen oft bei der kleinsten Andeutung einer Kritik an der politischen Führung um ihr Leben fürchten. Regelmäßig erleben sie, wie der Schreibtisch eines ermordeten Kollegen leer geräumt wird. 2013 erklärte eine mexikanische Zeitung in ihrem Leitartikel, dass sie ab sofort keine Berichte mehr über das Organisierte Verbrechen in Mexiko schreiben werde – mindestens 82 Kollegen und Kolleginnen wurden seit 2000 ermordet, Medienhäuser sturmreif geschossen. Manchmal ist die Wahrheit zu gefährlich, um darüber zu berichten. 

In der sogenannten freien Welt dagegen werden Schlagzeilen viel zu oft nach dem Motto: "Sex sells" ausgewählt, oder: "When it bleeds, it leeds" – je blutiger, desto besser die Schlagzeile. Was für einen Wert haben solche Berichte mit Blick auf die Wahrheit? Und es gibt unter den Journalisten auch die schwarzen Schafe, solche, die grundsätzlich ihre Meinung – und nur ihre – für die einzige Wahrheit halten und daher keine neutrale oder offene Berichterstattung zulassen, die sich bestechen lassen, oder in die Häuser Prominenter einbrechen um Peinlichkeiten aus deren Leben zu veröffentlichen. Aber das ist nicht das, was unser Papst in den Blick nimmt. Er stellt uns die mutigen Journalisten vor Augen, diejenigen, die wie wir Christen der Wahrheit einen so hohen Stellenwert geben, dass sie bereit sind dafür zu sterben. 

Die Welt ist schwierig geworden für Journalisten. Auf der ganzen Welt versuchen Konzerne und Politiker Einfluss auf die Medien zu nehmen und greifen dabei nicht selten zu unerlaubten Mitteln. Es fordert Charakter, sich diesen Versuchen oder diesem Druck zu widersetzen. Und wir profitieren davon. Wir sollten sie in ihrem Kampf mit unserem Gebet unterstützen. Journalisten, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen, bemühen sich, auch die positiven Wahrheiten zu publizieren und ausgewogen und fair zu berichten. Denn die Wahrheit besteht nicht nur in der Offenlegung von Skandalen. Unser Gebet kann hier einen grundlegenden Richtungswechsel einleiten: weg von den Schlagzeilen, statt dessen mehr Wahrheit. Nicht umsonst gelten die Medien als die vierte Macht im Staat, - wer sonst hat den Anspruch und die Möglichkeit, die Bevölkerung zu informieren, vor Gefahren zu warnen und Missstände aufzudecken? 

Vor einiger Zeit las ich einen Spruch: "Verletze mich lieber mit der Wahrheit, als mir mit einer Lüge zu schmeicheln". Ich bin überzeugt, dass die Wahrheit immer zum Guten führt, auch wenn sie uns oder andere im ersten Moment verletzten kann. Welchen Wert hat unsere Welt, wenn alles nur aus Lügen und Leugnen besteht? Wir brauchen mutige Journalisten, die sich ganz in den Dienst der Wahrheit stellen. Sie leisten einen großartigen und wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft. Beten wir für sie.

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