Februar 2024
Wir beten, dass kranke Menschen und ihre Familien die notwendigen Hilfen in der Pflege erhalten.
Meine Mutter hat ihre letzten Monate in einem Hospiz verbracht. Sie wurde mit so viel Liebenswürdigkeit umsorgt und versorgt. Jeden Tag wurde sie in ihrem Zimmer abgeholt und zum Essen gefahren. Wenn das Wetter schön war, fand sich immer jemand, der sie draußen im Rollstuhl umherfuhr. Jeden Tag wurde ihr beim An- und Ausziehen geholfen. Mehrmals am Tag kam jemand und schaute nach ihr. Jede Woche kam eine Künstlerin in das Haus, die ehrenamtlich für die Bewohner des Hauses Malkurse anbot, und meine Mutter fing an, Ölbilder zu malen. Meine Mutter tanzte mit dem Arzt und den Pflegern an Karneval eine Polonaise. Im Hospiz hat sie die beste Mousse au chocolat ihres Lebens gegessen. An ihrem Geburtstag kam so ziemlich jeder, der dort gearbeitet hat, und hat mit ihr angestoßen. Zum ersten Mal seit Jahren war sie schmerzfrei. Und, vermutlich eine Nebenwirkung der Opioide aus der Palliativmedizin, sie hatte irgendwie immer gute Laune. Sie hat sich dem Singkreis angeschlossen. Sie sagte, ihr Leben im Hospiz sei wie ein Stückchen Himmel für sie. Als sie starb, und an ihrem ersten Todestag, kamen die Mitarbeiter des Hospiz auf uns zu und haben uns Hilfe angeboten.
Mein Vater starb im Krankenhaus. Jeden Tag besuchte ihn einer aus unserer Familie. Jeden Tag stellten ihm die Mitarbeiter dort Brot neben sein Bett, oder Kartoffeln, oder Bohnen, oder sonst etwas, was man kauen muss. Dann sind sie gegangen und haben ihn alleine gelassen. Aber mein Vater konnte nicht kauen. Er konnte nicht einmal eigenständig nach dem Essen greifen. Er konnte auch nicht ohne Hilfe trinken. Egal wie oft ich die Krankenschwestern deswegen ansprach und darum bat, ihm doch bitte flüssige Nahrung zu geben, damit er etwas zu sich nehmen kann, mein Vater bekam trotz meiner Bitten fast vier Wochen lang keine flüssige Nahrung. Wegen der Coronamaßnahmen durfte er nur eine Stunde täglich Besuch bekommen. In dieser Zeit brachte ihm einer aus der Familie Suppe mit und versuchte, ihn zu füttern. Aber das hat nicht genügt. Am Ende seines Krankenhausaufenthaltes wog er etwa 45 kg, bei einer Größe von 1,83m.
Auf die Einhaltung der Coronamaßnahmen wurde in diesem Krankenhaus sehr streng geachtet. Bei der Körperpflege meines Vaters dagegen waren die Mitarbeiter sagen wir mal “lockerer” eingestellt und haben das alles “nicht so genau” genommen. Auf der Intensivstation hat er sich wund gelegen. Nach kurzer Zeit hatte er mehrere Stellen, die sich jeweils zu einem Dekubitus entwickelt hatten. Eines dieser Wundstellen wurde mit Grad vier diagnostiziert, das bedeutet völliger Gewebsuntergang und Schädigung der Knochen, was sehr schmerzhaft ist und laut Fachliteratur in 50% der Fälle zum Tod führt.
Einmal betrat ich sein Zimmer, und es war eiskalt. Er lag nur mit seiner Unterwäsche bekleidet, ohne zugedeckt zu sein, steif vor Kälte und völlig unterkühlt in seinem Bett. Auf meine Bitten, ihn aufzuwärmen, bekam ich ein klares “nein” zu hören. Das solle er aus eigener Kraft schaffen. Dann, am Tag bevor er entlassen werden sollte, kam eine Schwester in sein Zimmer und gab ihm eine Spritze. Sofort erbleichte mein Vater radikal, und sein Atem hörte fast auf. Ich fragte die Schwester, was sie ihm gegeben hat. Sie antwortete: “Etwas, was ihm hilft, schmerzfrei hinüberzugehen”. Wenige Stunden später war er tot.
Wie steht es um eine menschenwürdige Pflege in unserem Land, oder in einem anderen Land der Erde? In diesem Monat lenkt der Papst unsere Aufmerksamkeit auf diese Problematik. Ich habe den Unterschied zwischen einer menschlichen und einer menschenunwürdigen Begleitung und Pflege selber gesehen. Ich werde in dem Gebetsanliegen beten. Und ich hoffe, dass sich viele diesem Gebetsanliegen anschließen.