Allgemeine Gebetsmeinung - November 2005

01. Nov 2005

Wir beten für die Eheleute: Ermutige sie, dem Beispiel jener Paare zu folgen, die in einem ganz alltäglichen Leben heilig geworden sind.

Das Neue Testament  nennt alle, die durch den Glauben und die Taufe in die Lebenswirklichkeit und in den Lebenskreis des heiligen Gottes hineingeboren sind, Heilige. Das göttliche Leben, das die Menschen in diesem Prozess der Einwurzelung anfanghaft erfahren, wächst und reift in ihnen, dass es in der Gestalt und Form ihrer je eigenen Person, in seine Fülle gelangt. Das heilige Leben Gottes ereignet sich in ihnen in einer spezifischen menschlichen Weise. Sie sind in diesem Sinne heilige Menschen. Weil Gott alle Menschen liebt, möchte er auch, dass alle Menschen in diesem Sinne heilig werden. Und tatsächlich gibt es auch, wie die Kirche glaubt, eine unzählige Zahl von Menschen, die so heilig genannt werden können, ob sie nun hier oder jenseits der Todesgrenze leben. Unter ihnen befinden sich sicher auch viele Ehepaare, die so in ihrem ganz normalen Ehe- und Familienleben heilig geworden sind. 

Nun gibt es aber nach kirchlichem Glauben auch Heilige in einem ganz spezifischen Sinn. Es sind Menschen, "die durch Gottes Erwählung und Gnade die Gabe der Heiligkeit in die Subjektivität ihres eigenen Daseinsvollzuges" (G.L. Müller) in geradezu heroischer Weise integriert haben. Das sind die Menschen, deren Lebensvollzug in diesem Sinne offiziell von der Kirche als gelungen anerkannt und als vorbildhaft für andere hingestellt wurde, Menschen also, die von der Kirche heilig- bzw. seliggesprochen wurden. "Die Vielfalt der Heiligen zeigt den ‚Fächer der Stile' des Christseins vom Blutzeugnis bis zum unscheinbarsten Hilfsdienst, in der Lebensform des Einsiedlers oder der Familie, im geistlichen Amt oder im profanen Beruf." (G. L. Müller). Viele Heilige und Selige sind den Weg zu ihrer Heiligkeit in der Ehe und Familie gegangen. Ich erinnere z. B. nur an Paula von Rom, Hemma von Gurk, Birgitta und Katharina von Schweden, Thomas Morus, Hedwig von Schlesien, Nikolaus Groß usw. Aber Ehepaare, die als Paar heilig- oder seliggesprochen wurden, gibt es nur sehr wenige. Auf Anhieb sehe ich nur das Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde und aus unserer Zeit das Ehepaar Luigi und Maria Beltrame Quattrocchi, das am 21. Oktober 2001 von Papst Johannes Paul II. in Rom seliggesprochen wurde. 

Von diesem Ehepaar sagt Papst Johannes Paul, es habe ein gewöhnliches Ehe- und Familienleben auf außergewöhnliche Weise gelebt. Es habe in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, in dem der Glaube an Christus auf eine harte Probe gestellt wurde, in Rom das "Licht des Glaubens" leuchten lassen, es an ihre vier Kinder weitergegeben und darüber hinaus das lebendige Licht des Glaubens auch an ihre Freunde, Bekannten und Kollegen weitergereicht. Wörtlich sagt der Papst: "Diese Eheleute haben im Licht des Evangeliums und mit großem menschlichen Einsatz die eheliche Liebe und den Dienst am Leben vorgelebt. Sie haben die volle Verantwortung und die Aufgabe übernommen, mit Gott im Schöpfungswerk zusammenzuarbeiten, indem sie sich den Kindern hochherzig widmeten, um sie zu erziehen, zu leiten und auf die Entdeckung seines Liebesplanes hin auszurichten." Der Grund ihres Engagements war ihre bewusste Überzeugung vom Verwurzeltsein ihrer ehelichen Beziehung in der sakramentalen Gnade, die sich nicht in der Feier des Ehesakraments erschöpft, sondern das ganze eheliche Leben begleitet. Diesen Grund ihrer Ehe versuchten sie in einem intensiven geistlichen Leben zu vertiefen und wach zu halten. Vor allem war ihnen das Wort Gottes wichtig und das Zeugnis der Heiligen. Dazu sagt der Papst weiter: "Inmitten der Freuden und Sorgen einer normalen Familie, verstanden sie es, ein außerordentlich reiches geistliches Leben zu führen. Im Mittelpunkt stand die tägliche Feier der Eucharistie, zu der die kindliche Verehrung der Jungfrau Maria, das Rosenkranzgebet am Abend und die Beziehung zu klugen geistlichen Ratgebern hinzukamen." So die beispielgebende Funktion dieses Ehepaares aus der päpstlichen Sicht. 

Wenn es unserem Gebetsanliegen wichtig ist, dass Ehepaare dem Beispiel so vieler Paare, die in einem ganz normalen Leben heilig geworden sind, ob sie nun heiliggesprochen wurden oder nicht, zu folgen, kann es nicht darum gehen, ihr Beispiel sklavisch zu kopieren. Sie können aber mit ihrem Leben andere Ehepaare herausfordern, die konkreten Wege ihrer persönlichen Berufung zu entdecken und sie dann auch zu leben. Sie können sie anregen, schöpferisch die Möglichkeiten ihnen gemäßer menschlicher und geistlicher Lebensrichtungen und Lebensformen auszuloten, neu für sich und andere zu konzipieren und dann auch im Leben zu erproben. Nur so wächst eine personenbezogene und zeitgemäße Ehe- und Paarspiritualität heran, die es ermöglicht, selbst in einem ganz normalen Leben heilig zu werden. Das aber will auch erbetet werden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus der Zeitschrift "DIE ANREGUNG" Ausgabe 6/2005

Franz-Josef Janicki SVD

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