Juni 2012
„ Wir beten für unsere Mitchristen in Europa: Gott, unser Vater, lass alle mithelfen, neue Wege der Verkündigung zu finden und deinem Sohn Jesus zu folgen.“
Ein Jahrtausend alter Glaube und eine Tradition haben das sogenannte „christliche Abendland“ geprägt. Wir sind so stark im Christentum verwurzelt, dass unser Leben und Handeln davon auch heute noch wesentlich beeinflusst ist. In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch eine Tendenz eingeschlichen, die nicht nur christliche Werte angreift, sondern auch an die Identität des christlichen Kontinentes geht: man spricht von der Säkularisierung Europas. Das mag an Äußerlichkeiten zuerst erkennbar sein: Kreuze sind nicht mehr in Schulen oder öffentlichen Gebäuden sichtbar, Priester- und Ordensleute werden weniger, die Teilnahme an den Gottesdiensten geht zurück. Es ist schwerer, Menschen für Gruppen- und Gemeindearbeit zu motivieren.
Aber es ist auch die innere Haltung der Nachfolge Christi, die für viele Menschen keinen Sinn macht, keine Identität oder Werteskala darstellt. Man geht nicht mehr zur Kirche, man tauft seine Kinder nicht mehr, Religionsunterricht ist optional. „Soll doch der Junge mit 15 Jahren selbst entscheiden, was er will.“
Heute ist die Tendenz in fast allen Ländern Europas gleich: das Christentum verwandelt sich von einer Massenbewegung zur „kleinen Herde“ die vom Guten Hirten immer noch, wie seit 2000 Jahren, geführt wird. Dies kann auch eine neue Chance sein: die kleine Gruppe kann sich besser engagieren als die Masse. Die kleine Gruppe kann ihr Christsein wesentlich intensiver leben als die Masse. Es ist möglich, neuen Schwung in die alten Gemeinden zu bringen und noch stärker den Auftrag Jesu für ALLE getauften Christen zu betonen: `Geht in alle Welt und verkündet die Frohe Botschaft´ (vgl.: Mt 28, 19).
Die Kirche Christi kann sich von einer Klerikerkirche in eine Laienkirche verwandeln, wie dies schon in Lateinamerika in vielen Ländern spürbar ist. Aber sie braucht auch immer Menschen, Priester und Ordensleute, die die „kleine Herde“ leiten. Hier wird allerdings eine andere Funktion des Priesters, der Ordensleute, des Bischofs, erwartet: nicht so sehr die des guten Organisatoren, der alles kann und macht, sondern die des Guten Hirten, der vor allem für die Menschen Glaubenszeuge ist. In einem Kirchenlied heißt es: „Die Sache Jesu braucht Begeisterte – sein Geist sucht sie auch unter uns. Er macht uns frei, damit wir einander befreien.“
Gerade hier wird betont, dass Sein Geist es ist, der uns den neuen Schwung gibt, um die Frohe Botschaft zu verkündigen. Vor ein paar Tagen haben wir Pfingsten gefeiert – das Fest des Geistes Gottes. Er hat schon vor 2000 Jahren die ersten Christen begeistert und ihnen Mut gemacht, die Frohe Botschaft weiterzugeben, trotz Verfolgung und Gegenwind aus allen Richtungen. Er hat den Missionar Paulus angeregt, den Namen Jesu auch nach Europa zu bringen. Lesen Sie selbst in der Apostelgeschichte (Kapitel 16, 1-15), wie die ersten Missionare europäischen Boden betreten und den Menschen den Glauben an Christus, den Auferstandenen, verkünden.
So sind auch wir heute in die Pflicht genommen, Europa wieder neu als Missionsland zu entdecken und mit Gottes Geist eine neue Evangelisierung unseres Kontinentes anzugehen. Denn auch heute noch sind wir begeistert von der Sache Jesu und möchten seine Frohe Botschaft leben und mitteilen.