AT
30. Nov 2023
Der Missionstag im Rahmen der Ordenstagungen 2023 stand unter dem Motto „Weltweit wirksam und gegenwärtig“.
Rund 50 Verantwortliche von missionierenden Orden – darunter auch eine große Gruppe von Steyler Missionsschwestern, Steyler Missionaren und Mitarbeiterinnen - waren im 29.11.2023 ins Kardinal König Haus im 13. Wiener Gemeindebezirk gekommen, um nachzuforschen, was „Weltweit wirksam und gegenwärtig“ bedeutet.
Der Missionstag ging den Fragen nach: Wie sind Ordensleute, die weltweit oder in Österreich in eigenen Projekten arbeiten, wirksam? Woran wird diese Wirksamkeit sichtbar? Welche Rolle spielt hier ihre Spiritualität? Und wie können Ordensgemeinschaften auch bei abnehmenden personellen Kräften effektiv und wirksam sein?
Der Missionstag startete mit Begrüßungsworten von Sr. Anneliese Herzig, Leiterin des Bereichs Mission und Soziales in der Ordenskonferenz. Den ersten Impuls lieferte Daniel Bacher, Bereichsleiter für Anwaltschaft und Bildung sowie stellvertretender Geschäftsführer der Katholischen Jungschar und ihres Hilfswerks, der Dreikönigsaktion. Er ging der Frage nach: „Wie können wir etwas bewirken? Bringt unsere Arbeit etwas? Verändern wir etwas?“
Mit der Frage „Welche Rolle spielt die Spiritualität, wenn wir von Wirksamkeit reden?“ beschäftigten sich Sr. Hemma Jaschke SSpS, die Provinzoberin der Steyler Missionsschwestern und Sr. Christa Petra Ahrer SSpS, die Missionsprokuratorin der Steyler Missionsschwestern, im zweiten Impuls des Tages. Sie berichteten aus ihrem Alltag und teilten ihre Erfahrungen mit den Anwesenden. Zu den beiden Begriffen „Wirksamkeit“ und „Spiritualität“ meinte Sr. Christa Petra Ahrer: „Ich kann das eine vom anderen eigentlich nicht trennen. Alles, was wir tun, tun wir, weil wir Missionsschwestern sind, aus unserer Berufung heraus.“ Wichtig sei es, in dem was man tut, authentisch und ehrlich zu sein. „Alles, was wir an Projekten tun, soll Ausdruck davon sein, dass uns eine Botschaft geschenkt ist, die andere ermutigen und zu mehr Leben führen soll.“
Die Präsenz der Ordensleute, die weltweit tätig sind, habe in Österreich zwar stark abgenommen, die Möglichkeit zu Begegnung und Gespräch bestehe aber auf der ganzen Welt. Der missionarische Auftrag bedeute auch immer, auf die Leitlinien des letzten Generalkapitels zu achten. Auch Faktoren wie die Bedingungen vor Ort, die Kontinuität eines Projekts oder die Zusammenarbeit mit anderen Ordensgemeinschaften und Partnern müssen geklärt werden. Ein wichtiger Punkt seien auch die Spender:innen: „Wir versuchen, etwas zu bewegen und Bewusstseinsbildung zu machen, um miteinander diesen missionarischen Auftrag gut zu erfüllen.“ Sie habe aber auch schon Spenden abgesagt, weil die Erwartungen der Spender:innen nicht erfüllbar waren.
Sr. Hemma Jaschke betonte die Bedeutung der Beziehungspflege und der Sensibilität. Oft brauche es lange Gespräche mit den Schwestern vor Ort und intensives Hinhören, um Projekte auf eine gute Basis zu stellen. Die Provinzoberin führte als Beispiel ein Projekt der SSpS in Rumänien an, in dem alkoholkranke Menschen und ihre Familien therapeutisch betreut und begleitet werden. „In diesem Projekt ist Spiritualität wichtiger Bestandteil der Therapie“, erläuterte Sr. Jaschke.
Sie wies außerdem auf den Freiwilligendienst der Ordensgemeinschaft „MaZ – Missionarin auf Zeit“ hin: „Die Besonderheit ist, dass es nicht nur Sozial- oder Entwicklungshilfe ist, sondern, dass wir gezielt junge Menschen einladen, an unserem Ordenscharisma teilzuhaben.“ Essenziell in Bezug auf den missionarischen Auftrag sei auch das Zusammenwirken von Professionalität und Ordenscharisma, das jungen Steyler Missionsschwestern bereits in der Ordensausbildung mitgegeben werde. Zum Abschluss gab Sr. Hemma Jaschke den Zuhörer:innen einen Leitsatz mit, der sie seit ihrem Einsatz in Mexiko begleitet: „Die Menschen werden sich nicht daran erinnern, was du alles getan hast, sondern wie du mit ihnen gelebt hast.“
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen des Themas „Schöpfungsverantwortung“. Amina Behmen und P. Franz Helm sprachen darüber, „warum gläubige Menschen in der Klimabewegung präsent und wirksam sein müssen“.
Für die muslimische Klimaaktivistin Amina Behmen leitet sich ihr Engagement aus ihrem Glauben ab. Der Koran betont, dass Menschen als Verwalter der Schöpfung Gottes auf der Erde ernannt wurden und verantwortlich sind, sie zu schützen und zu erhalten. Diese Verantwortung umfasse nicht nur die Erhaltung der natürlichen Ressourcen, sondern auch die Verpflichtung, die Umwelt zu schützen und zu bewahren. „Die Erde ist ohnehin im Gleichgewicht“, sagte Amina Behmen, „der Mensch hat die Verantwortung, für dieses Gleichgewicht zu sorgen.“ Die muslimische Klimaaktivistin betonte, dass der Schutz der Umwelt ein integraler Bestandteil des muslimischen Glaubens ist und dass die ökologische Krise, mit der die Welt konfrontiert ist, auch eine spirituelle Dimension hat. Sie rief dazu auf, die ökologischen Prinzipien des Islams in die Praxis umzusetzen, um nicht nur für die heutige Gesellschaft, sondern auch für zukünftige Generationen eine nachhaltige und gerechte Welt zu schaffen. „Wir müssen endlich etwas an unserer ungerechten Lebensweise ändern“, forderte Behmen. „Wir können nicht ständig so weitermachen.“ Die Frage der Gerechtigkeit sei auch im Islam sehr wichtig.
Die Umweltaktivistin berichtete von zahlreichen Umweltinitiativen mit muslimischem Hintergrund, die zum Teil auch weltweit vernetzt seien. So gebe es z.B. Initiativen, die sich für „Green Ramadan“ und „Green Hadsch“, also um Müllvermeidung, stark machen. „In manchen Ländern wie etwa Pakistan hätten es solche Gruppen sehr schwer und könnten nur dank internationaler Solidarität aktiv sein.
Für Ordensleute führe an der Klimabewegung kein Weg vorbei, betonte P. Franz Helm, freilich ohne das Engagement für Schöpfungsverantwortung auf die Orden einschränken zu wollen. Helm erklärte, dass nicht nur jeder einzelne Mensch Verantwortung übernehmen muss, sondern, dass es bei der Schöpfungsverantwortung wirklich um eine Systemveränderung gehen muss. Die Klimagase und unser kapitalistisches System seien es, die weltweit zerstörerisch wirken.
Lange Zeit betrachtete der Steyler Missionar Umwelt-NGOs als unliebsame Konkurrenz, die Spendengelder wegnehmen für einen Bereich, den er als nicht so wichtig erachtet hätte, nämlich die Natur. Das habe sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt.“ Als Meilensteine auf seinem Weg im Einsatz für die Schöpfungsverantwortung nannte Helm die Schöpfungswallfahrten, die er mitorganisiert hat sowie das „Klimapilgern“ in Vorbereitung auf die Klimakonferenz 2015 in Paris.
Die Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus mit dem Kernsatz „Alles ist miteinander verbunden“ betrachtete Helm als Geschenk: „Es gilt, in dieser Verbundenheit zu leben und Verantwortung zu übernehmen für dieses Lebensnetz, von dem wir ein Teil sind. Diese Grundeinsicht begleitet mich.“
Der Ordensmann wies auch auf die kirchliche Schöpfungszeit vom 1. September bis 4. Oktober hin. Diese müsse innerhalb der Kirche noch viele mehr Gewicht bekommen und auch liturgisch intensiver ausgestaltet werden, ähnlich Advent/Weihnachten oder auch der Fastenzeit und Ostern.
Franz Helm ist u.a. in der Bewegung Religions for Future aktiv. Die Verbundenheit mit Menschen verschiedener Religionsgemeinschaften zu spüren, sie ihm sehr wichtig. Eine sehr starke Erfahrung sei ein interreligiöser Gottesdienst gewesen, den er mit Aktivist:innen im Rahmen der Besetzung der Baustelle für die Stadtstraße gefeiert hatte.
Es brauche eine Veränderung der Art und Weise, wie gewirtschaftet wird, wie wir leben, wie wir konsumieren, betonte Helm. Die Jugend schreit auf nach Klimagerechtigkeit und ist auf der Straße. Den Widerstand der Letzten Generation nannte Helm ein „prophetisches Zeichen“. Es brauche diese Zeichen, auch wenn sie kontrovers sind.
In seinem Statement mahnte Pater Helm Gerechtigkeit in mehrfacher Hinsicht ein: Es brauche Gerechtigkeit für die Menschen im Globalen Süden, die am wenigsten für die Klimaveränderung können, aber am meisten darunter leiden. Es brauche Gerechtigkeit für die kommenden Generationen, die ein Recht auf eine lebenswerte Umwelt hätten. Zudem sei der Einsatz für die Umwelt auch Konsequenz des christlichen Glaubens an einen Schöpfer, "der diese Welt so wunderbar geschaffen und geordnet hat". Letztlich sei der Einsatz für die Schöpfung auch eine Frage der eigenen Würde, so Helm, "damit man sich einmal nicht schämen muss, nichts getan zu haben."
Quelle: ÖOK, kathpress
Fotos: ÖOK/tb, Ursula Mauritz