Synodalität: „Role Model für Umgang mit Konflikten“

AT

17. Nov 2023

Wiener Pastoraltheologin Regina Polak sprach im Rahmen der Vortragsreihe „Transformationen gestalten“ der Steyler Missionare in St. Gabriel über Synodalität als Lebensform und Lernaufgabe der Kirche.

Regina Polak bei der St. Gabrieler Vortragsreihe

Das Prinzip der Synodalität könnte in unserer Gesellschaft ein „Role Model“ dafür sein, wie es gelingen kann, mit Spannungen und Konflikten umzugehen und auch mit großen Unterschieden friedlich zusammenzuleben. Diese Ansicht vertrat die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak bei ihrem Vortrag am 14.11.2023 im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe „Transformationen gestalten – Mit Aktivist:innen im Gespräch“. Die Vorständin des Instituts für Praktische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien ist Mitglied des nationalen Synodenteams in Österreich und war Delegierte für Österreich bei der Kontinentalversammlung in Prag. Aufgabe der Sendung der Kirche sei es mit der Konzilskonstitution Lumen Gentium 1, in einer zerrissenen und gespaltenen Welt, Zeichen und Werkzeug zu sein für die Vereinigung mit Gott und die Einheit der Menschen untereinander.
„Gott lässt uns teilhaben, die Schöpfung, die Welt mitzugestalten. Das können, dürfen müssen wir tun. Der Synodale Prozess will das in Erinnerung rufen“, betonte Polak. Synodalität sei eine Lebensform und Lernaufgabe, die jeder üben muss, so die Theologin, die sich als „Aktivistin in dieser Sache“ bezeichnete.
Synodalität bezeichne eine Lebensart, bzw. Handlungsweise, die darauf abziele, dass alle Mitglieder der Kirche aktiv am Auftrag der Evangelisierung teilnehmen. „Jetzt ist die Stunde der Bewährung gekommen, ob wir das ernst nehmen“, erklärte Polak. Synodalität betreffe die Kirche auf allen Ebenen, von einer synodalen Einstellung und Praxis jedes Einzelnen bis zur obersten Ebene der Kirchenleitung. Das Thema Synodalität werde das Erbe von Papst Franziskus sein, ist sich Polak sicher.

Für den Prozess der Synodalität Ist ein Kultur- und Mentalitätswandel notwendig: Die Pastoraltheologin Regina Polak bei ihrem Vortrag im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe.
Für den Prozess der Synodalität Ist ein Kultur- und Mentalitätswandel notwendig: Die Pastoraltheologin Regina Polak bei ihrem Vortrag im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe.

Mentalitäts- und Kulturwandel ist notwendig

Für den Prozess der Synodalität sei ein Mentalitäts- und Kulturwandel notwendig, z.B. eine Abkehr davon, den Fokus auf das Durchsetzen von Eigeninteressen zu legen. Papst Franziskus bremse möglicherweise bei manchen Themen, weil er eigentlich wolle, dass ein Mentalitätswechsel vollzogen wird, vermutete die Pastoraltheologin.
Auf die Frage, wie diese Mentalitätsveränderung erreicht werden könne, sagte Polak, dass es wichtig sei, Räume zu schaffen, in denen Menschen erfahren, dass Teilhabe und Teilgabe ein Gewinn für alle Beteiligten sei. Die im Synodalen Prozess verwendete Methode der „Anhörkreise“ sei eine gute Möglichkeit, das Zuhören einzuüben sowie persönlich von sich zu sprechen und von dem, was einen drängt oder anrührt. Wichtig dabei sei auch, dass am Ende Widersprüche am Tisch liegen bleiben dürfen. „Die runden Tische bei der Weltbischofssynode in Rom waren für viele Bischöfe eine neue Erfahrung“, berichtete Regina Polak. „Manche von ihnen sind noch nie mit Frauen an einem Tisch gesessen, um über theologische Fragen zu sprechen.“

Im Anschliuss an den Vortrag gab es die Möglichkeit, Fragen an Regina Polak zu richten. P. Franz Helm SVD moderierte die Diskussion.
Im Anschliuss an den Vortrag gab es die Möglichkeit, Fragen an Regina Polak zu richten. P. Franz Helm SVD moderierte die Diskussion.

Umsetzung auf Gemeinde- und nationaler Ebene

In einem weiteren Teil ihres Vortrags ging die Wiener Pastoraltheologin auf die Vorgangsweise im Anschluss an die Weltbischofssynode im Oktober ein.
Der veröffentlichte Synthesebericht „Auf dem Weg zu einer synodalen Kirche in der Sendung“ benenne verschiedene Themen, die im nächsten Jahr behandelt werden sollen. So werde z. B. betont, dass die Synodalität weiter vertieft, gelernt und praktiziert werden müsse. Auch die Weiterbildung der Gläubigen und Priester sowie die theologische Vertiefung (Stichwort Frauendiakonat) stehen im Fokus.
Damit der Übergang zu einer synodalen Kirche gelinge, bedürfe es nach Ansicht Polaks sowohl Initiativen auf Gemeindeebene (z.B. Mini-Synodale Prozesse, Zeichen der Zeit identifizieren, selbst initiativ werden, Umkehr- und Lernbereitschaft) als auch die nationale Umsetzung auf Österreich-Ebene. Polak hofft darauf, dass die Bischofskonferenz dazu Trägerinstitutionen wie das Pastoralinstitut oder die Katholische Aktion festlegen wird, die die Gemeinden bei der Weiterbildung und der Förderung des Kultur- und Mentalitätswandels unterstützen. Außerdem sei es wichtig, alle kirchenrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, z.B. Pastoral- und Diözesanräte einzuführen, wo es sie noch nicht gibt. „Es steht auch nicht im Kirchenrecht, dass man Frauen nicht in verantwortungsvolle Positionen berufen darf“, nannte Polak ein weiteres Beispiel. Papst Franziskus habe mit jüngsten Ernennungen von Frauen in hohe Ämter im Vatikan die Richtung gewiesen.
Am Ende ihres Referats gab die Theologin den Zuhörer:innen einige Inspirationen zum Thema Synodalität mit auf den Weg: „Suchen Sie – mit Hilfe von Priestern - nach Ihrer ureigensten Berufung in Kirche und Gesellschaft, seien Sie achtsam auf die Zeichen der Zeit, gehen sie den Weg in Gemeinschaft, haben Sie keine Angst vor Konflikten und verstehen Sie sich selbst als unverzichtbaren Teil des Evangeliums!“

Der dichtbesetzte Festsaal des GABRIUM: Das Thema Synodalität und die prominente Referentin lockten viele interessierte Besucher:innen an.
Der dichtbesetzte Festsaal des GABRIUM: Das Thema Synodalität und die prominente Referentin lockten viele interessierte Besucher:innen an.

"Gegenteil von Synodalität"

Im Anschluss an den Vortrag nutzten die zahlreichen Zuhörer:innen im Festsaal des GABRIUM die Möglichkeit, Fragen an Regina Polak zu stellen. Angesprochen auf die kürzlich von Seiten der Diözesanleitung angekündigte Schließung der Herz Jesu-Pfarre in Mödling meinte Polak, dass die kirchliche Situation auch finanzielle Konsequenzen habe und daher die Schließung von Pfarren in manchen Fällen in Zukunft unumgänglich sein werde. Allerdings sollte klar kommuniziert werden, nach welchen Kriterien solche Beschlüsse fallen. Die Gläubigen nicht in die Entscheidungen einzubeziehen, wie im Fall der Herz Jesu-Pfarre von den Pfarrmitgliedern kritisiert wurde, sei das Gegenteil von Synodalität, so Polak.

Fotos: Franz Helm SVD, Franz Pilz SVD

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Facebook und Youtube welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen