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20. Mär 2024
Bei ihrem Vortrag im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe erklärte die Verkehrswissenschaftlerin Barbara Laa , welche Maßnahmen notwendig wären, um den Autoverkehr zugunsten klimafreundlicherer Alternativen zu verringern.
Wir können derzeit nicht auf eine politische Umsetzung der Maßnahmen zu einer notwendigen Mobilitätswende hoffen. Viel mehr braucht es sowohl den Einsatz jedes Einzelnen, um seinen persönlichen Fußabdruck zu verringern als auch zivilgesellschaftliches Engagement, das „Druck“ erzeugt. Diese Ansicht vertrat die Verkehrswissenschaftlerin Barbara Laa von der Technischen Universität Wien bei ihrem Vortrag im Rahmen der St. Gabrieler Vortragsreihe „Transformationen gestalten“ am 19. 3. 2024.
Die Wissenschaftlerin lieferte den Zuhörerinnen und Zuhörern eine Fülle an Daten und Fakten zu Klima, Umwelt und sozialen Problemen in Bezug auf Mobilität. Der Anteil des Verkehrs bei den Treibhausgasemissionen beträgt in Österreích 28 Prozent. Während in anderen Bereichen zwischen 1990 und 2022 bereits Einsparungen an Treibhausgasen erreicht werden konnten, haben sich die durch den Verkehr verursachten Emissionen um 50 Prozent erhöht. „Beim Verkehr gibt es ein großes Reduktionspotenzial, etwa durch Biofuels und E-Mobilität.
Allerdings wird der Umstieg darauf allein nicht genügen, um die festgelegten Klimaziele zu erreichen“, stellte Barbara Laa fest. Es gebe hier eine Lücke, die durch andere Maßnahmen geschlossen werden müsse. „Der Personenverkehr muss wieder auf das Niveau von 1990 verringert werden, beim Güterverkehr darf es keinen weiteren Anstieg geben.“
Mit einer Grafik zeigte Laa, dass das so genannte „Reisezeitbudget“ in den letzten Jahrzehnten relativ konstant geblieben ist. Die Menschen sind durchschnittlich 1,5 Stunden pro Tag unterwegs, im Gegensatz zu früher legen sie aber weitere Wege zurück. „Das Argument, dass neue Straßen eine Zeitersparnis bringen, ist nicht haltbar“, betont Laa.
Auch auf die Energieeffizienz der Fortbewegungsmittel ging die Verkehrswissenschaftlerin ein: „Am effizientesten ist das Fahrrad, dahinter kommt das Zufußgehen, gefolgt von elektrisch betriebenen öffentlichen Verkehrsmitteln. Am wenigsten effizient ist das Flugzeug.“
Auch was die Zahl der Verkehrstoten, den Flächenbedarf und die Kosten für die Gesellschaft betrifft, schneidet der Autoverkehr schlecht ab. Dennoch sei es nach wie vor so, dass dem Autoverkehr bei der Verkehrs- und Stadtplanung Priorität eingeräumt wird und wesentlich mehr Geld in Autobahnen investiert wird als in das Schienennetz.
Mögliche Lösungen sieht Laa im Prinzip „vermeiden – verlagern – verbessern“: „An erster Stelle steht die Vermeidung von Verkehr oder im Verkürzen von Wegen, ein zweiter Schritt ist der Umstieg auf nachhaltigere – z.B. öffentliche - Verkehrsmittel, erst an dritter Stelle steht Einsatz von Elektroantrieb.“
In vielen Regionen seien die Menschen mangels Alternativen auf den Autoverkehr angewiesen, daher sei eine sozial-ökologische Transformation notwendig. Diese beginne schon bei der Raumplanung (Zersiedelung stoppen) und beim Wiederbeleben und Stärken von Ortskernen. Auch Tempolimits, Fahrverbote und die Attraktivierung der Innenstädte, höhere Parkgebühren für größere Autos und die Umstellung der Autoindustrie auf emissionsfreie Fahrzeuge gehören dazu.
Die notwendigen Maßnahmen zur einer Mobilitätswende seien hinlänglich bekannt, allerdings scheue sich die Politik davor Tabus anzugreifen, erklärte die Verkehrswissenschaftlerin. Die Menschen müssten sich organisieren und Druck ausüben, um eine Veränderung zu erreichen. Aus Sicht einer Wissenschaftlerin stellte Laa fest, dass es zwar in allen Parteien einzelne Politiker:innen gebe, die im Bereich Verkehrsplanung Interesse an einem Dialog mit Wissenschaftler:inne zeigten. Sie bedauerte jedoch, dass es nicht mehr wie früher üblich sei, dass Verkehrswissenschafter:innen eingeladen werden, beratend tätig zu werden.
Zur Person
Barbara Laa forscht und lehrt am Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien mit einem Fokus auf sozial-ökologische Transformation des Verkehrssektors. Studienaufenthalte führten sie nach Frankreich, in die Niederlande und nach Kenia. Laa engagiert sich auch ehrenamtlich im Bereich Mobilität und Stadtentwicklung. Von 2020 bis 2022 war sie Sprecherin der Bürger:innen-Initiative „Platz für Wien“, die sich für eine gerechte Verteilung des öffentlichen Raums einsetzt.
Fotos: Franz Helm SVD, Franz Pilz SVD